Jetzt wird wieder gerechnet: Thomas Berninger ist der Finanzchef der Stadt Bad Dürrheim
Hinter dem Zahlenwerk steckt nicht nur ein kluger Kopf, sondern eine ganze Stadtverwaltung, doch es gibt einen, der koordiniert: Stadtkämmerer Thomas Berninger, seine offizielle Bezeichnung lautet Leiter des Fachbereichs 4 (Finanzwesen). Seit Wochen beschäftigt er sich schon mit den im kommenden Jahr zu erwartenden Ausgaben, aber auch den möglichen Einnahmen.
Nach dem jetzigen Stand der Dinge gibt die Stadt Bad Dürrheim im Jahr 2024 rund 55 Millionen Euro aus, hinzu kommen noch einmal 10 bis 15 Millionen Euro bei den Eigenbetrieben Wasserwerk und Abwasserversorgung.
Vieles ist schon lange verplant, etwa die Gelder für bereits begonnene Bauvorhaben. So wird der Stadtkämmerer für den Neubau des Wasserwerks, das im Herbst 2024 in Betrieb gehen soll, im nächsten Jahr nochmal zwei Millionen Euro ausgeben müssen. Auch andere Ausgaben sind sozusagen gesetzt, etwa die Personalkosten.
Oder die Zahlungen an die städtische Tochtergesellschaft Kur- und Bäder GmbH: Sie übernimmt Leistungen im Auftrag der Stadt wie beispielsweise Tourist-Info, Marketing, Kurgärtnerei oder die Beschäftigung des Citymanagers.
Abhängig von ihrem eigenen Verlust, der bei schätzungsweise fast vier Millionen Euro liegen wird, berechnet die GmbH ihrer „Mutter“, der Stadtverwaltung so genannte „DAWI“-Leistungen, das sind Leistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. „Wenn das die Kur- und Bäder GmbH nicht machen würde, müsste es die Stadt selbst machen“, begründet der Stadtkämmerer die Notwendigkeit dieser Ausgaben.
Konkret rechnet Thomas Berninger damit, dass die Stadt ihrer Tochtergesellschaft nächstes Jahr rund drei Millionen Euro überweisen muss. Verbucht wird dies als Abschreibung auf das Finanzkapital. Dafür kann die Stadt vorläufig auf den Investitionszuschuss für die Erweiterung des Solemar verzichten, weil diese wegen der anstehenden Generalsanierung des Bades in den Jahren 2027 bis 2029 entfällt.
Im Mittelpunkt eines jeden Haushaltes stehen die großen Investitionen. Für das Jahr 2024 sind das der Anbau an das Rathaus, der den baulich desolaten Pavillon- und Containeranbau hinter dem Rathaus ersetzen soll und die Erweiterung der Grundschule Oberbaldingen. Für den Rathausanbau sollen die Planungen noch im Dezember vorgestellt werden, Baubeginn ist dann Anfang 2024.
Dagegen wird die Erweiterung der Realschule, die rund acht Millionen Euro kosten soll, erst im Jahr 2025 im Haushalt stehen. Finanziert werden diese Investitionen zum Teil durch Zuschüsse, die rechtzeitig beantragt werden müssen, und durch Steuereinnahmen der Stadt.
Damit die Stadt immer zahlungsfähig ist, genehmigt der Gemeinderat vorsorglich auch eine Kreditermächtigung. Im Moment ist die Stadt jedoch noch recht liquide, sodass sie 3,5 Millionen Euro als Tagesgeld und 2,5 Millionen Euro als Festgeld anlegen kann. Dies darf sie auf Beschluss des Gemeinderates jedoch nur bei garantiert sicheren inländischen Banken wie Sparkassen, Volksbanken und Landesbanken.
Schon ab Herbst befasst sich der Stadtkämmerer gedanklich mit dem Haushalt des kommenden Jahres. Wenn der Etat dann dem Gemeinderat vorgelegt ist, kann es während der zweimonatigen Diskussionsphase zu Änderungen kommen, die im sechs- bis siebenstelligen Bereich liegen.
Auch die Einnahmen werden während der Diskussionsphase immer wieder aktualisiert, weil die Steuerschätzer immer wieder neue Zahlen für die zu erwartenden Einnahmen bei der Einkommensteuer (mit Lohnsteuer) und Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) vorlegen.
Jeder Einwohner trägt durch seine Lohn- und Einkommensteuer zur erfolgreichen Arbeit der Stadtverwaltung bei. „Am liebsten sind mir Menschen mit einem mittleren Einkommen. Millionäre bringen uns nicht viel“, scherzt Thomas Berninger, dahinter verbirgt sich eine strenge Steuermathematik. Denn eingezogen werden Lohn- und Einkommensteuer vom Staat über die Finanzämter. Die Kommune, in der die Steuerpflichtigen wohnen, profitieren aber nur von einem zu versteuernden Einkommen bis 80.000 Euro pro Person. Verdient ein Bürger drei Millionen im Jahr, werden für die Einkommensteuerüberweisungen an die Stadt dennoch nur 80.000 Euro berücksichtigt.
Eine wichtige Einnahmequelle sind die Schlüsselzuweisungen des Landes an die Kommunen – in diesem Jahr kommen auf diesem Wege 8,4 Millionen Euro in die Stadtkasse. Hier ist jeder Einwohner Geld wert. „Rund 1000 Euro erhalten wir über den Finanzausgleich vom Land pro Einwohner“, so Stadtkämmerer Thomas Berninger.
Über den Finanzausgleich des Landes fließen auch Sachkostenzuschüsse für die Aufwendungen der Stadt für ihre Schulen und Kindergärten, berechnet werden sie pro Kopf, also pro Schüler und pro Kindergartenkind. Weil die Aufwendungen in der Kleinkindbetreuung höher sind, gleicht dies das Land beispielsweise mit 16.500 Euro für U3-Kinder aus und mit 3700 Euro für Kinder in Regelkindergartengruppen (Ü3). Diese Schlüsselzuweisungen schwanken von Jahr zu Jahr – eben entsprechend den Steuereinnahmen des Landes.
Die Höhe der Gemeindesteuern kann vom Gemeinderat in eigener Zuständigkeit festgelegt werden, die wichtigsten sind die Grund- und die Gewerbesteuer. Die Gewerbesteuereinnahmen liegen im laufenden Jahr bei rund fünf Millionen Euro, Stadtkämmerer Thomas Berninger geht davon aus, dass sie in dieser Höhe auch im nächsten Jahr veranschlagt werden können.
Zwischen Juli und Oktober melden die Fachbereichsleiter (früher: Amtsleiter) der Stadt ihren Bedarf für das nächste Jahr. Auch die Ortschaftsräte melden ihre Investitionswünsche an, die nach Überprüfung durch das Stadtbauamt auf dem Tisch des Kämmerers landen. Zusammen mit dem Bürgermeister wird dann besprochen, was finanziert werden kann und wo Schwerpunkte gesetzt werden müssen.
Für Thomas Berninger ist dies der letzte Haushaltsplan, den er bearbeitet. Der Beamte, der 1959 in Heilbronn geboren wurde, tritt zum 30. Juni 2024 in den Ruhestand, sein Nachfolger Stefan Milles arbeitet schon im Rathaus in Berningers ehemaligem Büro.
Zu Thomas Berningers Fachbereich Finanzen gehören drei Mitarbeiter der Steuerstelle, vier in der Stadtkasse sowie fünf in der eigentlichen Kämmerei. Stellvertretender Fachbereichsleiter ist Mario Grieshaber.
Der Stadtkämmerer ist in Bad Dürrheim auch noch kaufmännischer Leiter der Eigenbetriebe, also des Wasserwerks mit sechs Mitarbeitern und der Abwasserversorgung mit vier Mitarbeitern.
Die Stadtkämmerer werden häufig dann wahrgenommen, wenn sie auf die Kostenbremse drücken oder Bedenken anmelden, wenn Geld ausgegeben wird. Das weiß auch Thomas Berninger und gibt zu bedenken: „Es ist nicht so, dass ich in diesen Fällen anderer Meinung bin. Als Stadtkämmerer muss man anders denken, weil sonst zu viel Geld ausgegeben wird“.
Viele Entscheidungen, die Auswirkungen auf die Finanzen der Stadt haben, sind politische Entscheidungen. Berninger erinnert an den Beschluss, den Sunthauser See als Badesee auszuweisen, diesen habe der Gemeinderat getroffen, um den Tourismus in dem Ortsteil zu stärken.
„Im Gemeinderat gibt es viele unterschiedliche Interessen. Als Kämmerer muss ich jedoch das große Ganze sehen. Wer ist denn die Stadt? Das sind doch wir alle!“, macht Berninger deutlich.
So verweist er bei der Fremdenverkehrsabgabe, die lange umstritten war, auf das Kommunalabgabengesetz: „Dort steht: wer einen Vorteil hat, soll zahlen. Deshalb kann man die Kosten der Bad Dürrheimer Tourismus-Infrastruktur nicht nur den allgemeinen Steuerzahlern aufdrücken, etwa den Grundsteuerpflichtigen, die nicht unbedingt einen Vorteil vom Tourismus haben“. Mit der Bad Dürrheimer Fremdenverkehrsabgabe würden stattdessen diejenigen herangezogen, die einen direkten und indirekten Vorteil vom Tourismus haben, etwa wenn Gäste bei ihnen einkaufen. Durch die Erhöhung des Kreises der Abgabepflichtigen auf mehr als 300 sei jetzt aber eine größere Steuergerechtigkeit gesichert. Rund 1200 Gewerbetreibende und Freiberufler waren dazu angeschrieben worden. Darunter befanden sich auch Betreiber kleiner gewerblicher Photovoltaikanlagen, diese müssen aber keine Fremdenverkehrsabgabe zahlen.
Auch nach seiner Pensionierung wird Thomas Berninger, der in einer Gemeinde im Kreis Tuttlingen lebt, weiterhin in geringem Umfang für die Stadt Bad Dürrheim tätig sein. Er soll noch bis zum Jahr 2026 nebenberuflich das Dokumentenmanagementsystem der Stadt einführen, also die elektronische Akte, die Zug um Zug in allen Fachbereichen umgesetzt wird.