Gemeinderat beschließt Sanierung des Haus des Gastes statt Rathausanbau
Vorteil dieser Lösung: für etwas weniger Geld steht dann im Haus des Gastes mehr Platz zur Verfügung als im möglichen Rathausanbau. Allerdings müssen die beiden Rathausgebäude I und II trotzdem saniert werden und das Rathaus I benötigt für einen barrierefreien Zugang zusätzlich einen Aufzug.
Seit etwa zehn Jahren wird darüber diskutiert, den rückwärtigen Anbau abzureißen, da dieser in einem desaströsen Zustand ist, und immer wieder tote Tiere in der Zwischendecke zu Geruchsproblemen führen. Ein Gutachten hatte 2022 ergeben, dass eine Sanierung unwirtschaftlich ist und einen Neubau empfohlen.
Deshalb wurde im gleichen Jahr auch beschlossen, Nägel mit Köpfen zu machen und einen Neubau an der gleichen Stelle zu errichten. Einige Büros wurden auch in ein Gebäude neben der evangelischen Kirche verlegt, das von der Stadt in Erbpacht übernommen wurde.
Das Haus des Gastes soll saniert und umgebaut werden, damit Arbeitsplätze für Mitarbeiter der Stadt- und Kurverwaltung sowie ein Sitzungssaal für den Gemeinderat, Besprechungsräume, Toiletten und Sozialräume entstehen.
Die Nutzung des Haus des Gastes für Zwecke der Verwaltung wurde zwar immer wieder diskutiert, doch wollte man das historische Gebäude mit einer Einrichtung belegen, die mehr Besucherfrequenz bringt, so war etwa schon eine Marktscheune im Gespräch.
Die Kosten für einen Ersatzbau hinter dem Rathaus waren auf 11,2 Millionen Euro geschätzt worden, während die Sanierung des Haus des Gastes nach Kostenschätzungen des Bad Dürrheimer Architekturbüros Merz 15,9 Millionen Euro kosten würde. Da es für Sanierungsvorhaben im Bestand im Rahmen des Stadtsanierungsprogramms aber 51 Prozent Zuschuss gibt und ein Ausgleichsstockzuschuss vom Land winkt, beträgt der Eigenanteil der Stadt bei einer Sanierung des Haus des Gastes am Ende noch 7,15 Millionen Euro, während bei einem Ersatzbau hinter dem Rathaus schätzungsweise 8,19 Millionen Euro an der Stadt hängen bleiben würden.
Allerdings muss die Stadt ihrer Tochtergesellschaft Kur- und Bäder GmbH das Haus des Gastes abkaufen, denn als Unternehmen könnte die GmbH keine so hohen Fördergelder einstreichen. Der Wert des Gebäudes wurde vom Bad Dürrheimer Sachverständigenbüro für Immobilienbewertung von Hans G. Beirow auf 630.000 Euro taxiert, dieser Betrag würde über das Stadtsanierungsprogramm wahrscheinlich auch nochmal bezuschusst, sodass am Ende 308.700 Euro finanziert werden müssten.
Nach Angaben von Stadtbaumeisterin Petra Schmidtmann besteht allerdings noch eine gewisse Unsicherheit, ob der Ankauf des Haus des Gastes mit Stadtsanierungsmitteln in Höhe von 321.300 Euro bezuschusst wird. Aber auch ohne diesen Zuschuss wäre die Variante Haus des Gastes günstiger als ein Anbau am Rathaus.
Während man für den Ersatzbau hinter dem Rathaus 1.635 Quadratmeter Nutzfläche kalkuliert hatte einschließlich eines Sitzungssaals, können im Haus des Gastes großzügige 3.087 Quadratmeter bereitgestellt werden. Darin enthalten sind sogar vorbereitete Büroflächen für 15 Mitarbeitende, die vorläufig noch gar nicht genutzt werden müssen, aber fertiggestellt werden müssen, solange die Städtebauförderung noch läuft.
Architektin Sandra Merz stellte dem Gemeinderat die Pläne für den Umbau des Haus des Gastes vor. So wird der Sitzungssaal mit 154 Quadratmetern genau so groß wie im nicht mehr verfolgten Neubau. Der heutige Weinbrennersaal soll als Sitzungssaal genutzt werden.Jedoch soll eine Decke eingezogen werden, damit das Obergeschoss durchgängig nutzbar wäre.
Laut den Planungen aus dem Architekturbüro Merz werden die sechs Stützen, die heute die freie Sicht im Weinbrennersaal behindern, entfernt und durch neue Stützen ersetzt – die Statik wurde berechnet und erlaubt dies. Die lichte Höhe des Saales wird dann nur noch 2,64 Meter betragen. Platz für Stadträte, Verwaltungsmitarbeitende und den Bürgermeister sowie 24 Besucher und Pressevertreter wären im Saal vorhanden.
Im Untergeschoss soll auf 355 Quadratmeter Platz für das Stadtarchiv geschaffen werden. Dies ist trotz der geplanten digitalen Archivführung nach den Aussagen von Fachbereichsleiterin Sandra Feria Olid nach wie vor notwendig, da das jetzige Archiv aus allen Nähten platzt. Eine Verbindungstür zu einer eventuell später zu bauenden Tiefgarage unter dem Parkplatz Stadtmitte ist schon eingeplant.
Im Erdgeschoss sollen der Sitzungssaal mit kleiner Küche, 20 Arbeitsplätze für den Fachbereich II (Bürgerdienste), 14 Arbeitsplätze für den Fachbereich III (Personal, Organisation, IT) und vier Arbeitsplätze für den Fachbereich I (Bildung, Soziales und Politik) entstehen, dazu zwei kleinere Besprechungsräume, Trauzimmer mit 32 Besucherplätzen, Wartebereich mit Spielecke, Mitarbeiter-WC, Umkleideraum, Besucher-WC, Wickelraum, eine Info-Theke für die Besucherinnen und Besucher, Pausenraum, Mitarbeiterküche und Garderobe.
So sieht nach den Plänen des Architekturbüros Merz künftig der Sitzungssaal für den Gemeinderat aus, für den der heutige Weinbrennersaal im Haus des Gastes umgebaut wird.
Wie Sandra Merz erläuterte, soll Tageslicht über fünf Oberlichter und fünf Lichtschächte von der Dachspitze bis ins Erdgeschoss geführt werden. Im Obergeschoss sollen 42 Arbeitsplätze für die Kur- und Bäder GmbH entstehen sowie 15 Reserve-Arbeitsplätze für die Stadtverwaltung, Aufenthaltsräume, Teeküche, Mitarbeiterküche, Besprechungsräume, Lagerräume, Duschen und Toiletten.
Im Dachgeschoss soll auf 532 Quadratmetern das Archiv der Kur- und Bäder GmbH untergebracht werden, hinzu kommen Lagerflächen für die Stadtverwaltung und Hausmeisterräume. Architektin Sandra Merz fasste zusammen: „Wir haben einen Mehrwert mit dem Haus des Gastes“.
Bürgermeister Jonathan Berggötz ist überzeugt: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung sind der Motor unserer Stadt. Für deren gute Arbeit und um Mitarbeiter langfristig zu binden, müssen wir auch in eine gute Arbeitsplatzsituation investieren.“ Der heutige Rathausanbau sei energetisch „eine Katastrophe“, auch im Rathaus I und II gebe es bauliche Mängel.
„Kurgeschäftsführer Spettel und ich waren immer der Meinung, dass für das Haus des Gastes ein Frequenzbringer notwendig ist“, blickte der Bürgermeister auf die bisherige Diskussion zurück, stellte dann aber fest: „Wir sehen im Moment keinen Frequenzbringer, der entsprechend investieren würde“. Würde die Stadt nun einen Anbau am Rathaus errichten, könnte trotzdem eine spätere Sanierung des Haus des Gastes an ihr hängen bleiben.
Zwar schaffe eine Sanierung des Haus des Bürgers mehr Flächen für Büros, dennoch sprach sich der Bürgermeister dafür aus, nicht für jeden Mitarbeiter einen festen Arbeitsplatz einzurichten.
Die Kur- und Bäder GmbH würde jene Bereiche, die jetzt im Haus des Gastes untergebracht sind, in das Obergeschoss des sanierten Haus des Gastes verlegen. Die Tourist-Info soll in dem neuen Wohn- und Geschäftshaus in der verkehrsberuhigten Friedrichstraße bleiben.
In der Diskussion begrüßten die Mitglieder des Gemeinderates den Verzicht auf einen Rathausanbau und plädierte für eine Sanierung des Haus des Gastes. Jürgen Rebholz (FDP) erinnerte daran, dass beim städtebaulichen und landschaftsplanerischen Wettbewerb neun von elf eingereichte Vorschläge keinen Neubau hinter dem Rathaus vorsehen. Und nach den Plänen der Architekten Drees & Sommer (Stuttgart) wären beim Neubau die Büros des Bürgerservice auf zwei Stockwerke verteilt gewesen, so Rebholz.
Moritz Nann (CDU) erklärte, alle Argumente würden für eine Nutzung des Haus des Gastes sprechen, die Pläne aus dem Architekturbüro Merz würden allen Anforderungen für eine effiziente Verwaltung gerecht. Er bat darum, auch Denkmalfördermittel zu beantragen.
Karen Roeckl (LBU) fand die Pläne für den Umbau des Haus des Bürgers ansprechend und sinnvoll. „Es ist wichtig, die Mitarbeiter zu halten und schöne Arbeitsplätze zu schaffen. Bei den jetzigen Bedingungen muss man schon sehr begeistert sein, wenn man bei der Stadt arbeitet“, so Roeckl. Die Sanierung dulde keinen Aufschub.
Hans Lohrer (Freie Wähler) wollte wissen, ob die Stadt bei der Sanierung des Haus des Gastes ebenfalls einen Generalunternehmer durch ein Anwaltsbüro suchen lässt, wie es beim Rathausanbau geplant war. Stadtbaumeisterin Petra Schmidtmann antwortete, dass sie hier ein klassisches Vergabeverfahren mit Beauftragung von Architekten und Fachplanern bevorzugt. Das für den Rathausanbau beauftragte Anwaltsbüro Menold Bezler werde aber seinen bisherigen Aufwand abrechnen.
Wolfgang Kaiser (LBU) sprach sich dafür aus, das wertvolle alte Salinenensemble zu erhalten und zu pflegen. Zu den bisherigen Plänen für das Haus des Gastes meinte er, ein Frequenzbringer hätte sich dort nur ansiedeln lassen, wenn die Stadt oder die Kur- und Bäder GmbH zuvor das Gebäude saniert hätte. „Es gibt keinen anderen Weg“, so Kaiser, die Nutzung des Hauses für die Zwecke der Stadt- und Kurverwaltung sei eine „zukunftsweisende Lösung“.
Auch Can Zileli (SPD) nannte diese Lösung richtig: „Wenn wir das Gebäude leer stehen ließen, hätten wir ein Problem“. Und Franz Eisele (Freie Wähler), selbst Architekt, meinte, die Sanierung mache Sinn.
Alle anwesenden 27 Stadträte (von 29) schlossen sich am Ende dem Beschlussvorschlag von Bürgermeister Jonathan Berggötz an: Der Rathausanbau wird nicht mehr weiter verfolgt, das Haus des Gastes wird von der Stadt erworben und umfassend saniert und die Stadtverwaltung legt dem Gemeinderat schriftlich fixierte Fördermittelzusagen für die Sanierung vor.
Für die Sanierung der beiden Rathausgebäude wird mit Kosten von 2,1 Millionen Euro gerechnet, nach Abzug der Förderung im Rahmen der Stadtsanierung bleibt ein Eigenanteil von 1,03 Millionen Euro übrig. Für die interimsweise Unterbringung der Stadtverwaltung in einer Containerlösung müssen rund 250.000 Euro ausgegeben werden, nach Abzug von Zuschüssen bleiben hier 122.500 Euro übrig.
Bereits im November sollen zehn Mitarbeiter der Stadtverwaltung in das von der Stadt angemietete Gebäude Luisenstraße 10 umziehen. Betroffen sind die Kundenbereiche Bürgerservice (Einwohnermeldeamt) sowie Sicherheit und Ordnung.
Der einstöckige Anbau hinter dem Rathaus I soll abgerissen werden, ursprünglich war ein Anbau als Ersatzbau geplant, jetzt soll aber das Haus des Gastes saniert werden.