Stadtnachrichten

Borkenkäferbefall zwingt zu umfangreichen Fällarbeiten im Stadtwald: Gemeinderat informiert sich bei der Waldbegehung


„Wir haben lange gezögert, weil durch die vielen Regenfälle der Boden nass ist, doch jetzt müssen wir handeln“, machte der Revierförster die Eile deutlich, denn die vom Borkenkäfer befallenen Fichten müssen jetzt schnell aus den Waldgebieten herausgeholt werden. Der Forstamtsrat ließ nicht unerwähnt, dass wegen des nassen Untergrundes durch den Abtransport auch Schäden an den Wegen zu erwarten sind. „Wir werden diese Beschädigungen zusammen mit dem städtischen Bauhof aber wieder reparieren“, versicherte Berger.

Zusammen mit dem stellvertretenden Kreisforstamtsleiter Sven Jager informierte der Revierförster den Bürgermeister und die Stadträte über den Zustand des Stadtwaldes. Dabei sticht die Aktivität des Borkenkäfers in diesem Jahr besonders hervor. Sahen die Forstleute im vergangenen April kaum Tiere in den Käferlockfallen, sind diese in diesem Jahr zur gleichen Zeit gut gefüllt.

Der Käfer vermehrt sich dieses Jahr rasant und es könnten sich somit in diesem Jahr drei Generationen herausbilden. Die Entwicklungszeit vom Ei bis zum fertigen Käfer beträgt sechs bis acht Wochen. „Bevor der Käfer Ende Juni wieder fliegt, müssen wir das Holz aus dem Wald rauskriegen“, verkündete Förster Matthias Berger als Ziel. Unterstützt wird er von den vier städtischen Forstwirten unter der Leitung von Forstwirtschaftsmeister Uli Hanßmann sowie externen Forstunternehmern.

„Der Borkenkäfer setzt uns unter Zugzwang, wenn wir das Holz aus dem Wald holen, entstehen Schäden an den Wegen, das ist wie die Wahl zwischen Pest und Cholera“, machte Berger das Dilemma deutlich, „15 Tage Vollernter-Einsatz hinterlassen natürlich Spuren an den Wegen“. Betroffen ist beispielsweise das Wäldchen zwischen dem Kinderspielplatz Willmannstraße nahe des evangelischen Kindergartens und dem Hotel Salinensee, wo Kiefern, Pappeln, Ahorn, Kirschen, aber auch die befallenen Fichten stehen.

In den letzten fünf Jahren gab es dort schon kleinere Sturm- und Käferschäden, jetzt wurde das Wäldchen vom Käferbefall überrollt. Viele der Fichten sind schon seit dem Herbst und Winter abgestorben. Auch die noch nicht befallenen Bäume, die in der Nähe der Spazierwege stehen, werden bei der Maßnahme entnommen, weil die Gefahr groß ist, dass sie in wenigen Jahren vom Sturm oder vom Borkenkäfer betroffen sind und dann erneut mit Erntefahrzeugen in den Wald gefahren werden muss. Die Fichten rund um den Salinensee sind rund 120 Jahre alt und größtenteils stark von Rotfäule betroffen.

Seit Beginn dieser Woche sind die Arbeiten mit einem Vollernter im Wäldchen zwischen Bauschengasse (Hegi) und Salinensee in vollem Gange. Die städtischen Forstwirte fällen die Fichten, der Vollernter arbeitet sie auf, dann werden sie auf einer Wiese in der Nähe abgelegt. Sobald die Böden wieder etwas trockener sind, werden die Stämme abtransportiert.

„Das ist eine notwendige und unaufschiebbare Maßnahme“, versicherte Forstamtsrat Matthias Berger. Falls besorgte Bürger im Rathaus oder bei Ratsmitgliedern anrufen, könnten diese darüber informiert werden, dass es nicht darum gehe, „den Wald auszuschlachten“, sondern ihn zu schützen. Die Flächen werden im Herbst wieder bepflanzt. In Stadtnähe will der Förster bei der Nachpflanzung auch Laubbäume einbringen, die den Spaziergängern eine schöne Blüte liefern. Am Salinensee sowie am Wäldchen am Kurstift müssen Berger zufolge auch Fichten, die in der Nähe der Wege stehen und noch gesund sind, gefällt werden, da diese nun besonders dem Wind und Käfer ausgesetzt sind.

Bereits vor wenigen Tagen abgeerntet wurde im 9,3 Hektar großen Wald-Distrikt Wuhr eine Fläche zwischen dem Bauernhof der Familie Bethke und der Tierklinik Schabelhof, die vom Sturm im vergangenen Juli und dann vom Borkenkäfer betroffen war. Die Fichten waren dort ab den 50er Jahren in dem zuvor entwässerten Niedermoor Wuhr gepflanzt worden, doch dieser Baum passt nicht zum moorigen und nassen Boden. Deshalb wurden bereits Eichen, Erlen, Ahorn, Birken, Traubenkirschen und Ulmen angepflanzt. Weil die Eichen langsamer wachsen und deshalb dem Verbiss durch Rehe eher ausgesetzt sind, bekommen die neuen Pflanzen noch eine Wuchshülle.

Weil im Wuhrholz darüber hinaus ein Schilfbiotop aus Binsen gepflegt und erweitert sowie in Richtung Bundesstraße eine ehemalige Moorfläche mit einer Sperre aus Brettern neu angestaut und unter Wasser gesetzt wird, bringt dies der Stadt in einem Zeitraum von zehn Jahren 927.700 Öko-Punkte, also rund 100.000 Ökopunkte pro Jahr. Damit können die zusätzlichen Kosten für die Pflege der jungen Bäume von bis zu 25.000 Euro pro Jahr kompensiert werden.

Waldbegehung des Gemeinderates

Eine komplette Wiedervermoorung des ehemaligen Wuhrholz-Moores wird von Förster Matthias Berger nicht befürwortet, da das Gelände in Richtung Tierklinik abfällt. „Dann würde hier großer See entstehen, der den Weg zur Tierklinik unter Wasser setzt und unbefahrbar machen würde“, so der Förster.

Revierförster Matthias Berger und der stellvertretende Forstamtsleiter Sven Jager vermittelten den Mitgliedern des Gemeinderates, dass ihr waldbauliches Ziel darin besteht, einen klimastabilen Wald heranzuziehen, etwa indem Zug um Zug weitere Baumarten hinzukommen. „Stürme und der Borkenkäfer werden uns auch in den nächsten Jahrzehnten begleiten“, so Sven Jager.

Der Anteil der Fichte wird in 20 bis 30 Jahren voraussichtlich auf unter 30 Prozent gefallen sein, nehmen die beiden Forstleute an. Das hat auch finanzielle Konsequenzen für die Stadt als Waldbesitzer. Während Fichten schon nach 80 bis 100 Jahren geerntet werden können, dauert es bei Ulmen 120, bei Eichen 150 bis 180 und bei Buchen 140 Jahre.

„Wir werden die Fichten früher fällen, damit der Umbau des Waldes in einen klimastabilen Mischwald schneller voran geht“, so Sven Jager. Er baut dabei auch auf die Jäger, die mit ausreichend hohen Abschusszahlen dafür sorgen sollen, dass die jungen Laubbäume und Tannen nicht unter Rehverbiss leiden.

INFO Der Wald nimmt in Bad Dürrheim 20,3 Prozent der Gemarkungsfläche. Der Stadt gehören knapp 900 Hektar Wald, hinzu kommen 350 Hektar Staatswald (des Landes Baden-Württemberg) und rund 150 Hektar Privatwald.  Mit der  Bewirtschaftung des Stadtwaldes hat die Stadt das Forstamt des Landkreises beauftragt. Zuständig dafür ist Revierförster Matthias Berger, der bei der Bewältigung der Arbeit auf vier städtische Forstwirte zurückgreifen kann und von Fall zu Fall auf Lohnunternehmer. Während der Wald der Kapfanlage städtisch ist, gehören die Wälder oberhalb (östlich) der bebauten Ortslage dem Land. Im Wittmannstal gehört der Wald rechts des Frohnholzweges dem Land und links davon der Stadt.

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Redakteur / Urheber
Stadtverwaltung Bad Dürrheim