Treff am Park eröffnet: Stadtbibliothek und Generationentreff Lebenswert im Zentrum der Stadt – „öffentliches Wohnzimmer“
Der leitende Beamte aus dem Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration war beeindruckt: „Helle Räume, barrierefrei, kein Konsumzwang – alles, was man landauf, landab predigt, wurde hier verwirklicht“. Er zeigte sich überzeugt davon, dass hier ein „kraftvoller und lebendiger Ort“ entsteht.
Der neue Treff am Park ist, wie Ministerialdirektor Martin Ruoff sagte, ein Beweis für die Annahme, dass das Ehrenamt Unterstützung durch Hauptamtliche benötige. „Sie sind hier das Musterbeispiel“, so Ruoff. Mit der Toilette für alle sei der Treff im Park auch Vorreiter.
Auch Vertreter der Behörden, die Fördergelder an die beiden nun zusammengeführten Einrichtungen geben, waren vertreten, etwa Corinna Henn vom Bundesamt für zivilgesellschaftliche Aufgaben, welches im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die 530 Mehrgenerationenhäuser in Deutschland fördert.Eines davon ist der Generationentreff LEBENSWert in Bad Dürrheim, der seit 2017 mit Bundesmitteln unterstützt wird.
Auch Simone Kerner, Leiterin der Fachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen beim Regierungspräsidium Freiburg, welche die Stadtbibliothek unterstützt, war anwesend. „Wir freuen uns über dieses innovative Konzept. Der Treff am Park ist das öffentliche Wohnzimmer der Stadt, ein dritter Ort zwischen Arbeitsplatz und Wohnung, um Menschen zusammen zu bringen“, so Simone Kerner. Die Bad Dürrheimer Bibliothek sei wegen der Zusammenarbeit zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen und der Kooperation mit dem Generationentreff ein weiteres Vorzeigeprojekt im Regierungsbezirk Südbaden. Demnächst komme eine Delegation von nebenamtlichen Büchereileitungen vorbei, um sich das Konzept erläutern zu lassen.
Die Eröffnungsfeier wurde auch genutzt, um die „Toilette für alle“ einzuweihen, eine Einrichtung, die Menschen mit komplexen Behinderungen eine barrierefreie Nutzung ermöglicht und die bislang die einzige ihrer Art im Schwarzwald-Baar-Kreis ist. In ganz Baden-Württemberg gibt es nur 26 solche Einrichtungen. Der neue Treff bietet während der Öffnungszeiten von Bibliothek oder Generationentreff nicht nur normale Toiletten an, sondern zusätzlich speziell für Menschen mit komplexen Behinderungen eine neun Quadratmeter große Toilette, die mit einer höhenverstellbaren Pflegeliege ausgestattet ist sowie einem Deckenlifter mit Traversensystem, sodass hier Windeln und Inkontinenzprodukte gewechselt werden können.
Bürgermeister Jonathan Berggötz arbeitete die Geschichte des neuen Treffs in Form eines Märchens auf. In diesem war es nicht den Gemeinderat, der sich über die Zukunft der Stadtbibliothek Gedanken machte, sondern die 28-köpfige Königsfamilie, die mit der Hofbibliothek die Bildung ihres Volkes sichern wollte.
Und da war es nicht der Bürgermeister, der den Vorschlag unterbreitete, die Stadtbibliothek zu schließen, weil die benachbarte Grund- und Werkrealschule Räume benötigte, sondern der Schlossmeister. Wie einst in Bad Dürrheim trugen sich dann im Märchen viele Leute auf Listen ein, um den Erhalt der Hofbibliothek zu fordern.
Durch diesen Aufschrei in der Bürgerschaft sei eine große Zahl von „fähigen Menschen“ gefunden worden, die bereit waren, die Hofbibliothek mit ihrer Arbeit zu unterstützen, ohne einen Goldtaler anzunehmen, hieß es in dem Märchen. Zudem wurde eine junge, engagierte und belesene Bibliothekarin gefunden, sodass die Königsfamilie nur noch einen Ort für die neue Hofbibliothek finden musste. Zum Glück konnte die Hofbibliothek mit einer Vereinigung von Menschen kooperieren, die „großartige Angebote zum Wohle der Menschen im Königreich durchführten“, ebenfalls, ohne einen Goldtaler dafür zu wollen.
Die Bibliothek mit ihren 5000 Büchern und elektronischen Medien und der Generationentreff Lebenswert mit seinem umfangreichen Gruppen-, Mitmach-, Beratungs- und Veranstaltungsprogramm sind nun mustergültig unter einem Dach und befruchten sich gegenseitig mit ihren Angeboten.
Bürgermeister Jonathan Berggötz räumte ein, dass er sich damals, als es den Aufschrei wegen der angedachten Bibliotheksschließung gab, erst einmal geärgert habe. Heute müsse er aber klar und deutlich sagen, „dass dadurch eine großartige Lösung erreicht wurde. Vielleicht sogar das Beste, was uns passieren konnte“.
Die Diskussion damals zeige ihm, wie wichtig es sei, nicht nur an seiner eigenen Meinung festzuhalten, sondern auch das Wissen und die Ideen anderer mit einzubeziehen. „Sonst blockieren wir am Ende einander und verlieren auch alle miteinander“, so Jonathan Berggötz.
Der Bürgermeister weiter: „Wir brauchen keine Dickköpfe, sondern helle Köpfe. Und helle Köpfe bringen dreierlei mit: eigene durchdachte Ideen, die Bereitschaft, die anderen Ideen zu prüfen, um die beste Lösung leidenschaftlich zu ringen und die Fähigkeit, die beste Lösung, die oft ein Kompromiss ist anzunehmen“.
Der großartige neue Treff am Park, der Bildung und Miteinander für alle Generationen ermögliche, wäre, wie Bürgermeister Jonathan Berggötz ausführte, ohne das beeindruckende ehrenamtliche und bürgerschaftliche Engagement nicht möglich und würdigte die Bedeutung ihres Beitrags für das Gelingen dieses Projekts. Letztendlich sei dieser auch ein Symbol für das Ehrenamt in Gänze mit den unzähligen Mitgliedern in den fast 100 Vereinen der Stadt.
Angelika Strittmatter und Martin Troll stellten den Generationentreff Lebenswert vor, der 2010 gegründet wurde und auf 70 Ehrenamtliche zurückgreifen kann. Die meisten Angebote werden größtenteils von den Ehrenamtlichen gestaltet. „Sie bringen sich mit ein, um Bad Dürrheim ein bisschen besser zu machen“, so Martin Troll, der den „kongenialen Partner Stadtbibliothek“ lobte und feststellt: „Wir sind jetzt im Herzen der Stadt angekommen“.
Tanja Bühler vom Freundeskreis der Stadtbibliothek erinnerte daran, dass Bürger sich an dem Konzept für die neue Stadtbibliothek beteiligten und sich eine 15-köpfige Gruppe fand, die bei der Digitalisierung des Buchkatalogs, dem Einbinden und der Etikettierung der Medien mitwirkte. „Wir wollten einen attraktiven Ort für Bildung und Kultur schaffen“, so Tanja Bühler. Der Freundeskreis schaffe ein ergänzendes Angebot für Kinder, Jugendliche und Erwachsene in der Bibliothek.
Stadtbibliothekarin Eileen Kohnle informierte, dass die Bibliothek nun an fünf Tagen der Woche insgesamt 19 Stunden geöffnet ist. Zudem sei sie barrierefrei, früher lag sie im Obergeschoss des alten Rathauses. Für Kinder gibt es spezielle Lesungen und Stöberstunden. „Wir wollen jeden Bürger ansprechen“ und für die Zukunft ist der Verleih von digitalen Büchern, sogenannten E-Books geplant. Bibliotheken gebe es seit Tausenden Jahren – „wir führen das fort und freuen uns auf weitere Tausende Jahre“, so Eileen Kohnle, die selbst auch Buchautorin ist.
Landrat Sven Hinterseh erinnerte daran, dass der Neubau auf dem Areal der früheren Rehaklinik Irma aufgrund der bau- und wasserrechtlichen Auseinandersetzungen auch in seiner Behörde „Kraft gekostet“ habe. Was in Bad Dürrheim, aber vergleichbar auch in St. Georgen, an ehrenamtlicher Arbeit gemacht werde, sei eine „tolle Sache“. Solidarität zwischen jüngeren und älteren Bürgern werde hier gelebt. Der Landrat: „Kompliment an Bad Dürrheim, an das Konzept und die Bürgerschaft“.
Pfarrer Michael Fischer von der katholischen Kirche und der evangelische Pfarrer Bernhard Jaeckel segneten zum Abschluss der Feierlichkeiten die neuen Räumlichkeiten, ihre Besucher und lasen aus dem Buch der Bücher, der Bibel, Texte aus der Bergpredigt Jesu vor.