Werkrealschule soll als Verbundschule erhalten bleiben
Bürgermeister Jonathan Berggötz hatte dem Gemeinderat vorgeschlagen, die Werkrealschule aufzulösen. In der Sitzung erläuterte er, dass er zwar einer Verlagerung der Werkrealschule an den Standort der Realschule und damit einem Schulverbund positiv gegenübersteht, um die Platzprobleme der Grundschule zu lösen, einen Neubau aber aus finanziellen Gründen ablehnt. Er könne nicht verantworten, eine Summe von 4,1 Millionen Euro für den Neubau zu investieren.
Berggötz verwies darauf, dass das Regierungspräsidium gegenüber der Stadtverwaltung und als Antwort auf einen Brief von vier Gemeinderatsfraktionen erklärt hatte, ein Neubau für die Werkrealschule sei nicht förderfähig, weil diese Schule in den Klassen fünf und sechs keine dauerhaft gesicherten Schülerzahlen von mindestens 16 Kindern vorweise.
Schon in den Tagen vor der Sitzung hatten sich die Betroffenen öffentlich geäußert. An der Grund- und Werkrealschule hatten Schüler gegen eine Auflösung protestiert, während an der Realschule Rektorin, Lehrer und Elternvertreter sich um ihre Schule sorgten, die noch als klein und übersichtlich gilt. Mit einem Schulverbund zusammen mit der Werkrealschule hätte die Bildungseinrichtung dann mehr als 700 Schüler.
Tage vor der Sitzung war das Meinungsbild in den Gemeinderatsfraktionen auch recht offen. Erst am Tag vor der entscheidenden Sitzung einigten sich Freie Wähler, FDP, LBU und SPD auf einen gemeinsamen Antrag, nämlich einen Schulverbund mit Realschule und Werkrealschule am Standort der Realschule am Salinensee einzurichten.
Die genannten vier Fraktionen votierten in der Gemeinderatssitzung auch einstimmig für diesen Antrag, auch große Teile der stärksten Gemeinderatsfraktion, der CDU, stellten sich dahinter. Die CDU-Stadträte Regina Mäder und Moritz Nann stimmten zusammen mit Bürgermeister Jonathan Berggötz gegen diesen Antrag.
Um den Schulneubau der Werkrealschule zu finanzieren, wurden in einem weiteren Beschluss Investitionen von 2,6 Millionen Euro gestrichen: die Sanierung der Karlstraße, die Sanierung der Bahnhofstraße, die Sanierung des Parkplatzes Stadtmitte und die Sanierung der Gemeindeverbindungsstraßen. Bei der Karlstraße soll lediglich die Brücke über der Stille Musel saniert werden.
Unstrittig war der Ausbau der Realschule für einen vierzügigen Betrieb. Der Neubau alleine für die Realschule erfordert Ausgaben von 8,06 Millionen Euro, wobei eine Fachförderung in Höhe von 3,5 Millionen Euro und ein Ausgleichstockzuschuss von 0,8 Millionen Euro erwartet wird, sodass die Stadt dann am Ende 3,7 Millionen Euro selbst tragen muss. Die Realschule wird im Moment von 627 Kindern und Jugendlichen besucht, vor zehn Jahren waren es noch 525. Fünf Regelklassen und zwei Vorbereitungsklassen haben kein Klassenzimmer.
Der Neubau soll neben sechs Klassenzimmern und Nebenräumen auch drei zusätzliche Räume für Lerngruppen der Klassen sieben bis neun umfassen. Der Ausgleichsstockantrag für den Realschulneubau soll 2025 gestellt werden. Der Erweiterungsbau der Realschule wird frühestens 2027 bezugsfertig sein.
An der Grund- und Werkrealschule in der Schulstraße wächst die Grundschule, während die Schülerzahlen an der Werkrealschule (Klasse fünf bis zehn) zurückgeht. Die Grundschule wird zur Zeit von 304 Schülern besucht (vor zehn Jahren waren es 253) und die Werkrealschule von 115 Kindern und Jugendlichen (vor zehn Jahren noch 134). Die Mindestschülerzahl von 16 wird aber in allen Klassenstufen der Werkrealschule erreicht.
An der Grund- und Werkrealschule fehlen aber zwei Klassenzimmer und die Ganztagschulräume sind nach Angaben von Rektorin Christiane Schell zu klein und haben zum großen Teil kein Tageslicht, weil sie im Keller liegen. Zwei der Klassenzimmer seien mit 47 Quadratmeter Größe viel zu klein und auch die Pausenräume böten zu wenig Freiraum. Selbst die Zahl der Toiletten sei zu gering. „Wir platzen aus allen Nähten“, so die GWRS-Rektorin.
Der Beschluss des Gemeinderates beinhaltet deshalb auch den Umbau der früheren Stadtbibliothek im alten Rathaus in Räume für die Ganztagsschule. Weil 2026 der gesetzliche Anspruch auf Ganztagsschule eingeführt wird (im ersten Jahr zunächst für die neuen Erstklässler), rechnet man mit einem erhöhten Raumbedarf für die Grundschule.
Der Neubau der Werkrealschule am neuen Schulstandort bei der Realschule wird nach Angaben der Stadtverwaltung 4,08 Millionen Euro kosten und nach bisheriger Auskunft des Regierungspräsidiums nicht gefördert – obwohl er wesentlich kleiner sein wird als der Erweiterungsbau der Realschule. Beschlossen wurde vom Gemeinderat, dass die Stadt, nachdem der Antrag auf einen Schulverbund genehmigt ist, dennoch einen Antrag auf Förderung des Neubaus stellen soll.
Zu Beginn der Sitzung wies Bürgermeister Jonathan Berggötz darauf hin, dass die Stadt in diesem Jahr 10,56 Millionen Euro für Bildung und Betreuung ausgibt – „Der Gemeinderat sieht dies als Hauptaufgabe an, für uns sind diese Themen ganz wichtig.“ Weitere 0,6 Millionen Euro würden für Jugendhaus, Jugendräume, Schulsozialarbeit, Ferienprogramme, Vergünstigungen im Rahmen des Familienpasses und Kulturlotsen ausgegeben.
Stadtkämmerer Thomas Berninger und sein Nachfolger Stefan Milles rechneten vor, dass die Stadt in diesem und in den nächsten drei Jahren noch erhebliche Investitionen tätigt, beispielsweise 15 Millionen Euro im Bildungssektor (Kindertagesstätten, Grundschule Oberbaldingen), neun Millionen für den Rathausanbau, rund 7,2 Millionen Euro für Grundstückserwerb, acht Millionen Euro für die Leistungen der Kur- und Bäder GmbH für Stadt und ihre Bürger, acht Millionen Euro für Straßen und Infrastruktur sowie drei Millionen Euro für Bauhof, Feuerwehr und Spielplätze.
Bürgermeister Jonathan Berggötz sprach sich deshalb gegen einen Schulverbund aus, denn aus Eigenmitteln könne die Stadt den erforderlichen Neubau nicht finanzieren. „Wir haben in Donaueschingen und Villingen-Schwenningen gut erreichbare Werkrealschulangebote, deshalb müssen wir nicht zwingend eine Werkrealschule haben. Wir müssen fragen: Können wir es uns leisten?“
Zumal wenn man betrachte, welche weiteren Aufgaben die Stadt noch habe, wobei die Generalsanierung des Solemar in den Jahren 2027 bis 2029 mit geschätzten Investitionen von 20 Millionen Euro noch nicht einmal eingepreist sei.
GWRS-Rektorin Christiane Schell sprach sich für eine Auslagerung der Werkrealschule an die Realschule und einen Schulverbund aus. Dies werde sowohl für die Werkrealschüler als auch für die Realschule Vorteile haben. „Wir wünschen uns für unsere Großen die bestmögliche Schule.“
Realschulrektorin Stephanie Martin dagegen befürchtete, dass der Antrag auf einen Schulverbund und der Neubau der Werkrealschule den überfälligen Anbau für die Realschule erneut verzögere: „Wir haben seit 15 Jahren Platzprobleme“, so die Rektorin. Zudem meinte sie, man könne nicht vier Millionen Euro für den Neubau einer Werkrealschule fordern, die nach Einschätzung des Regierungspräsidiums „auf der Kippe steht“.
Der Elternbeiratsvorsitzende der Werkrealschule, Christian Gräfe, sprach sich aus sozialen und pädagogischen Gründen für einen Erhalt der Werkrealschule in Bad Dürrheim und damit einen Schulverbund aus. Die Elternbeiratsvorsitzende der Realschule, Melanie Wildgruber, meinte, für die 115 Schüler der Werkrealschule sei es zumutbar, mit dem Bus nach Villingen-Schwenningen oder Donaueschingen zu fahren. Schließlich müssten die Grundschüler aus Hochemmingen und der Ostbaar ebenfalls mit dem Bus fahren und auch die Gymnasiasten, die auswärtige Schulen besuchen.
Wolfgang Kaiser (LBU) erinnerte daran, dass auch das staatliche Schulamt Donaueschingen einem Schulverbund Realschule/Werkrealschule positiv gegenüberstehe. Die beschlossenen Einsparungen halte die LBU „für einen seriösen Weg, um einen weiteren Anbau an der Realschule zu finanzieren“, so Kaiser.
Dr. Barbara Fink (CDU) meinte, man hätte mit dem Anbau an die Realschule schon längst beginnen müssen. Die Werkrealschule sei für ihre Schüler eine wichtige Einrichtung mit einem besonderen Konzept und dem Klassenlehrerprinzip. Die CDU sei mehrheitlich für einen Erhalt der Werkrealschule in Bad Dürrheim am Standort der Realschule. Die CDU-Fraktionsvorsitzende klagte über die Ablehnung der Förderung für den Neubau: „Das Land hat uns seine Unterstützung versagt und lässt uns im Regen stehen!“
Für die Freien Wähler sagte Dr. Klaus Götz, dass das Regierungspräsidium die Schülerzahlen „schlecht rechnet“ und die Kinder und Jugendlichen aus den Vorbereitungsklassen nicht mitzählt. Es sei „unbegreiflich, wie die Verwaltung das widerstandslos hingenommen hat“, so Dr. Götz. Im Gegensatz zur Realschulrektorin glaubt er, dass die Realschule ihren guten Ruf auch trotz Übergang in eine Verbundschule halten kann.
FDP-Stadträtin Dr. Andrea Kanold berichtete, dass ein Landtagsabgeordneter ihrer Partei wegen der ablehnenden Haltung des Regierungspräsidiums zu einer Förderung des Werkrealschulneubaus einen Brief an die Kultusministerin geschrieben hat. Sie befürwortet, dass Realschüler und Werkrealschüler an der künftigen Verbundschule gemeinsame AGs haben.
Und auch SPD-Fraktionssprecher Can Zileli sprach sich wiederholt für den Erhalt der Werkrealschule aus.
Regine Mäder (CDU) erläuterte, warum sie gegen die Verbundschule stimmte: Sie sieht dort Konfliktpotenzial, zudem reiche die Sporthalle schon jetzt nicht aus, künftig müsse dann ein großer Teil der bald 800 Schüler zur Salinensporthalle laufen. Schon jetzt würden Eltern für das Elterntaxi eingespannt. Zudem könne sie die Einsparungsvorschläge nicht mittragen. So seien die Gemeindeverbindungsstraßen, deren Sanierung verschoben wird, Arbeitswege für viele Bürger und ihr Zustand nicht tragbar.
Bürgermeister Jonathan Berggötz kündigte an, dass er den Beschluss für eine Verbundschule Realschule/Werkrealschule und einen Neubau offensiv nach außen vertreten werde, obwohl er dagegen gestimmt hatte. Er bat die Stadträte aber auch, gegenüber den Bürgern zu begründen, warum Bahnhof- und Karlstraße nicht saniert werden. „Wir öffnen mit dem Beschluss andere Themen, wo es einen Aufschrei geben wird“, befürchtete er.
Beschlossen wurde auch, dass sich der Gemeinderat verpflichtet, weitere Einsparungen vorzunehmen, um die Schulbauinvestitionen schultern zu können, unter anderem soll eine Modulbauweise geprüft werden und es sollen Einnahmeerhöhungen beschlossen werden.