Stadtnachrichten

Landkreis will in Bad Dürrheim Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge errichten


Zusätzlich hat jetzt der Landkreis die Absicht, in Bad Dürrheim eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge zu errichten. Wenn die in Deutschland ankommenden Asylbewerber auf die Bundesländer verteilt sind, kommen sie zunächst in die Landeserstaufnahmeeinrichtungen und nach einigen Wochen oder Monaten werden sie an die Landkreise übergeben. Jeder Landkreis in Baden-Württemberg hat einen bestimmten Anteil an Flüchtlingen aufzunehmen. Für den Schwarzwald-Baar-Kreis sind dies rund 2,2 Prozent aller auf Baden-Württemberg verteilten Flüchtlinge. Der Landkreis übernimmt ab diesem Zeitpunkt die Zuständigkeit für die Flüchtlinge in der sogenannten „vorläufigen Unterbringung“.

Monatlich werden dem Schwarzwald-Baar-Kreis im Moment 125 bis 130 Flüchtlinge zugewiesen, die er bis zu zwei Jahre lang in Gemeinschaftsunterkünften unterbringt. Danach kommen sie zur Anschlussunterbringung in die 20 Städte und Gemeinden des Kreises. Der Landkreis unterhält in etlichen Städten und Gemeinden Gemeinschaftsunterkünfte für die Flüchtlinge in der „vorläufigen Unterbringung“, in Villingen, in Schwenningen, in St. Georgen, in Donaueschingen, aber auch in Triberg, in Königsfeld, Blumberg oder in Schönwald.

Lediglich in der drittgrößten Stadt des Kreises, in Bad Dürrheim, gibt es bisher noch keine Gemeinschaftsunterkunft des Kreises. Weil sich seit September die Zahl der ankommenden Flüchtlinge im Kreis verdoppelt hat, will der Landkreis nun auch in Bad Dürrheim eine Gemeinschaftsunterkunft mit einer Kapazität von 80 bis 120 Plätzen einrichten.

Die Flüchtlinge in einer Gemeinschaftsunterkunft werden zu 50 Prozent auf die Zahl der Flüchtlinge angerechnet, welche die Stadt in der Anschlussunterbringung aufzunehmen hat.

Groß war das Interesse der Bürger, Näheres über die Suche nach einem Standort für eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge zu erfahren. Mehr als 300 Besucher kamen in das Haus des Bürgers.

Groß war das Interesse der Bürger, Näheres über die Suche nach einem Standort für eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge zu erfahren. Mehr als 300 Besucher kamen in das Haus des Bürgers.

In einer öffentlichen Veranstaltung im Haus des Bürgers mit rund 300 Besuchern informierten vergangene Woche Landrat Sven Hinterseh und seine Mitarbeiter die Bevölkerung über die beabsichtigte Inbetriebnahme der kreiseigenen Einrichtung. Acht Gebäude und Standorte wurden von der Kreisverwaltung in der Kurstadt überprüft, letztlich sind zwei übrig geblieben: ein Grundstück im Schabelweg und ein weiteres in der Schwenninger Straße.

Bei dem Grundstück im Schabelweg handelt es sich um eine Fläche in der Nähe des Tennisclubs, die der Stadt gehört und auf der momentan Grüngut zwischengelagert wird. Vor Jahren wurde hier schon einmal der Bau einer Flüchtlingsunterkunft geprüft. Auf dem Grundstück in der Schwenninger Straße, gegenüber der Bushaltestelle Kurstift, war früher eine Uhrenfabrik ansässig. Das Grundstück befindet sich in privater Hand. Ein Bad Dürrheimer Immobilienunternehmen hatte im Jahr 2016 Pläne vorgestellt, dort ein Geschäftshaus zu errichten und dafür eine positive Rückmeldung vom Bad Dürrheimer Gemeinderat erhalten. Diese Pläne sind immer noch aktuell, der Grundstückseigentümer würde das Areal aber vorübergehend an den Landkreis verpachten, damit dieser dort eine Gemeinschaftsunterkunft bauen kann.

Landrat Sven Hinterseh (am Mikrofon) und Bürgermeister Jonathan (Zweiter von links) informierten über die beiden Standorte. Auch verantwortliche Mitarbeiter des Landratsamtes erläuterten die Situation.

Landrat Sven Hinterseh (am Mikrofon) und Bürgermeister Jonathan (Zweiter von links) informierten über die beiden Standorte. Auch verantwortliche Mitarbeiter des Landratsamtes erläuterten die Situation. Stefan Löffler, Leiter des Amtes für Schule, Hochbau und Gebäudemanagement (Erster von links) und Sachgebietsleiter Daniel Springmann vom Amt für soziale Sicherung (ganz rechts).

Geplant ist seitens des Landratsamtes, in Bad Dürrheim ein entsprechendes Grundstück für zunächst einmal zwei Jahre zu pachten und darauf eine Gemeinschaftsunterkunft in Modulbauweise zu errichten, wobei Stefan Löffler, Leiter des Amtes für Schule, Hochbau und Gebäudemanagement, betont, dies müssten nicht unbedingt Blechcontainer sein, auch eine Holzmodulbauweise sei möglich.

Selbst nach der Veranstaltung bot ein Grundstücksbesitzer dem Landrat noch sein Grundstück im Gewerbegebiet an, jedoch stellte sich heraus, dass es zu klein war und die Zufahrt problematisch ist. Landrat Sven Hinterseh versicherte, dass man weitere Grundstücke prüfen wird, wenn sie dem Kreis angeboten werden. Benötigt wird eine Fläche von mindestens 50 Meter Länge und 35 Meter Breite.

Der Landrat machte deutlich, dass es nicht um die Frage geht, ob Bad Dürrheim eine Gemeinschaftsunterkunft des Landkreises bekommt oder nicht, sondern lediglich wo. Wichtig sei der Kreisverwaltung, dass sich die Einrichtung schnell realisieren lasse. Gerne hätte man nämlich ein Gebäude angemietet, in das die Flüchtlinge ziehen können, doch ein solches wurde dem Kreis bisher nicht angeboten.

Schon in der Zeit von Bürgermeister Walter Klumpp habe man immer wieder betont, dass Bad Dürrheim als drittgrößte Stadt im Kreis nicht von einer solchen Einrichtung ausgenommen werden könne, so der Landrat, zumal auch viel kleinere Kommunen damit leben müssten. Der Landrat wörtlich: „Wir haben in Bad Dürrheim viele Jahre lang nichts gefunden, jetzt müssen wir auch hier etwas hinkriegen!“.

Hinterseh informierte die Bürger, dass die Flüchtlinge zwischen sechs Monaten und zwei Jahren in der Gemeinschaftsunterkunft bleiben. „Der Landkreis muss sie unterbringen und wenn man keine Unterbringungsmöglichkeiten hat, muss man welche schaffen“, so der Landrat.

In Donaueschingen muss der Landkreis jetzt schon die Turnhalle der Gewerbeschule, die ihm selbst gehört, für die Unterbringung von Flüchtlingen vorläufig umwidmen. In Bad Dürrheim werde es so weit nicht kommen, versicherte Bürgermeister Jonathan Berggötz, es bestehe nicht die Gefahr, dass beispielsweise die Salinensporthalle in eine Flüchtlingsunterkunft umgewandelt wird.

Die Besucher der Veranstaltung erfuhren, dass die Kreisverwaltung für das Grundstück Schabelweg bereits ein Bodengutachten in Auftrag gegeben hat, um herauszufinden, ob der Untergrund für eine Bebauung geeignet ist. Anlieger des Schabelweges berichteten, dass der Untergrund moorig ist und mit Schwierigkeiten beim Bau zu rechnen wäre. Zudem äußerten sie Bedenken, ob 80 bis 120 Flüchtlinge in diesem kleinen Wohngebiet gut integriert werden können.

Auf diesem Grundstück im Schabelweg könnte eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge errichtet werden.

Auf diesem Grundstück im Schabelweg könnte eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge errichtet werden.

Das Grundstück in der Schwenninger Straße, das dem Landkreis für eine Gemeinschaftsunterkunft angeboten wurde, grenzt an eine Lagerhalle des Bad Dürrheimer Mineralbrunnens an. Auf der gegenüberliegenden Seite der Straße befindet sich das Kurstift.

Das Grundstück in der Schwenninger Straße, das dem Landkreis für eine Gemeinschaftsunterkunft angeboten wurde, grenzt an eine Lagerhalle des Bad Dürrheimer Mineralbrunnens an. Auf der gegenüberliegenden Seite der Straße befindet sich das Kurstift.

Befürchtungen von Bürgern bezüglich der Sicherheit oder der ungestörten Nachtruhe beantwortete Landrat Sven Hinterseh mit den Worten: „In den allermeisten Unterkünften gibt es ein gutes Auskommen mit der Nachbarschaft. Es funktioniert überwiegend sehr gut. Ich will aber auch nicht verschweigen, dass es immer mal wieder auch Probleme gibt“. Die gingen aber meist von Einzelpersonen aus.

Hier helfe es oft, mit diesen ernsthafte Gespräche zu führen oder sie in ein anderes Haus zu verlegen. Nach Anwohnerbeschwerden wegen nächtlicher Ruhestörungen in den Sommermonaten in einem der Häuser in St. Georgen habe es dort eine Bewohnerversammlung gegeben, in der auf das Ruhebedürfnis der Nachbarn hingewiesen wurde. Danach habe es keine Beschwerden mehr gegeben. In seltenen Fällen habe man Securityfirmen mit der Aufsicht beauftragt.

Alle Gemeinschaftsunterkünfte haben einen Heimleiter, einen Hausmeister und eine Integrationsfachkraft, die sich um die Bewohner kümmerten, aber auch mit den Nachbarn in Verbindung stünden. In vielen der Einrichtungen würden aber auch Ehrenamtliche unterstützend mitwirken, berichtete Daniel Springmann, vom Amt für soziale Sicherung im Landratsamt.

Bürgermeister Jonathan Berggötz dankte dem Landrat für die frühe Einbeziehung der Bürger und so deren Sorgen ernst nimmt. „Wir müssen der Realität ins Auge sehen – Bad Dürrheim wird eine Gemeinschaftsunterkunft bekommen“, so der Bürgermeister, der darauf hinwies, dass die Stadt schon immer Solidarität mit den Geflüchteten bewiesen habe.

Der Landrat wies darauf hin, dass nicht in erster Linie Flüchtlinge aus der Ukraine in der neuen Gemeinschaftsunterkunft untergebracht werden. „Im Moment kommen hauptsächlich Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und der Türkei nach Deutschland“, so Sven Hinterseh.

Bei Äußerungen aus dem Publikum zur allgemeinen Asyl- und Flüchtlingspolitik verwies der Landrat auf die im Bund diskutierten Verschärfungen des Asylrechts, sagte aber auch: „Die Bundesrepublik hat sich in ihrem Grundgesetz humanitären Grundsätzen verschrieben, darauf bin ich stolz. Die Menschen haben – abhängig von ihrem Status – Anspruch auf Unterbringung, wir können ihnen die Aufnahme nicht verweigern“.

Eine Bürgerin gab zu bedenken: „Die Flüchtlinge kommen ja nicht aus Spaß hierher“ und ein Bürger setzte sich für eine menschenwürdige Unterbringung ein und fügte hinzu: „Uns geht es hier gut, den Flüchtenden aus anderen Ländern nicht“. Stadtrat Wolfgang Kaiser rief die Bürger auf, bei der Integration mitzumachen, etwa als Lesepaten an den Grundschulen der Stadt.

Anwohner aus dem Bereich Schabelweg gaben zu bedenken, dass durch eine Gemeinschaftsunterkunft zusätzlicher Belieferungsverkehr in die enge Straße gelockt werde. Die Betreiberin eines Reiterhofes sagte, sie habe Sicherheitsbedenken, weil die Mädchen, die sich bei ihr täglich um die Pferde kümmerten, mit dem Fahrrad durch den Schabelweg fahren müssten.

Landrat Hinterseh sagte: „Der Schabelweg ist für mich persönlich nicht Priorität Nummer eins, aber wir haben keine große Auswahl. Ich könnte mir vorstellen, dass der Standort Schwenninger Straße besser geeignet ist. Wir sind nicht auf Schabelweg oder Schwenninger Straße fixiert, wenn es ein drittes Grundstück gibt, schauen wir uns das auch noch an“.

Bürgermeister Jonathan Berggötz betonte, dass die in Bad Dürrheim in der Anschlussunterbringung untergebrachten Flüchtlinge sich an Gesetz und Ordnung halten: „Ich höre selten etwas Schlechtes“. Auch der Landrat antwortete auf eine entsprechende Frage: „Dass die ganze Nacht Party gemacht wird – das ist nicht unsere Erfahrung“.

Eine Bürgeranfrage bezog sich auf die Verwendung der leer stehenden ehemaligen Mutter-Kind-Klinik Haus Hohenbaden als Flüchtlingsunterkunft. Die sei Teil der Insolvenzmasse, über die die Gläubiger entscheiden. Die verlangten Preise seien zu hoch für eine Flüchtlingsunterkunft.

Auf Fragen nach den Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen erläuterte Landrat Sven Hinterseh, dass dem Landkreis und der Stadt die Kosten erstattet würden. Auch der Ankauf eines Grundstücks in Bad Dürrheim und der Bau einer Unterkunft würden vom Bund erstattet. Letztlich zahle aber der Steuerzahler die Kosten.

Der Bürgermeister bat abschließend darum, über das Thema sachlich zu diskutieren und nicht über andere Religionen zu schimpfen. „Unabhängig davon, ob Bad Dürrheim eine Gemeinschaftsunterkunft bekommt oder nicht, bleibt unsere Stadt hoch attraktiv“, so Jonathan Berggötz.

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Redakteur / Urheber
Stadtverwaltung Bad Dürheim