Stadtnachrichten

Stellungnahme von Bürgermeister Jonathan Berggötz zur Online-Petition des Gewerbevereins "Abschaffung des Fremdenverkehrsbeitrags in Bad Dürrheim"


"Liebe Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat,

am 3. Februar haben wir als Stadtverwaltung über Umwege von der Petition des Gewerbevereins zur "Abschaffung des Fremdenverkehrsbeitrags in Bad Dürrheim" erfahren.

Diesbezüglich wurden Sie als Mitglieder des Gemeinderats umgehend informiert und haben wesentliche Informationen und eine umfassende Darstellung zum Verfahrensablauf zu diesem Thema erhalten.

Viele von uns sind von dem Vorgehen des Gewerbevereins überrascht, da wir als Gemeinderat vor über zwei Jahren - am 9. November 2020 – in einer öffentlichen Sitzung die Beschlüsse hinsichtlich der Kurtaxe und des Fremdenverkehrsbeitrags gefasst haben. Dieser Beschluss wurde einstimmig, bei lediglich zwei Enthaltungen gefasst.

Und in diesem öffentlich gefassten und für alle Betroffenen zugänglichen Beschluss ist klar und deutlich zu lesen, dass diese Satzungen aus zwingenden rechtlichen Gründen rückwirkend gelten. Dass immer wieder die Argumentation aufgemacht wird, manchen Stadträten sei dies bei der Beschlussfassung nicht bewusst gewesen, stellt letztendlich das Auffassungs- und Beurteilungsvermögen der Mitglieder des Gemeinderats in Frage, wie mir ein Kollege aus diesem Kreise mitgeteilt hat.

Seit November 2020 sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, allen voran Herr Kämmerer Thomas Berninger und unser Leiter der Steuerstelle, Herr Fabian Goedecke, an der Arbeit, diesen Beschluss rechtmäßig umzusetzen.

Mir ist bewusst, dass der Fremdenverkehrsbeitrag keine sehr transparente und verständliche Abgabe ist. Diese Abgabe lässt sich nicht immer direkt aus der Buchhaltung errechnen. Bei der Ermittlung des Vorteilssatzes sind Verwaltung und Abgabepflichtige auf Schätzungen angewiesen. Um eine sachgerechte Schätzung vornehmen zu können, ist die Verwaltung auf die Angaben der Abgabepflichtigen angewiesen. Je detaillierter diese Angaben gemacht werden, desto sachgerechter ist letztendlich das einzelne Ergebnis.

Für manche mag die Abgabe nicht verständlich sein. Das Verfahren wurde aber vor der Beschlussfassung mehrfach öffentlich dargestellt und die betroffenen Kreise in unserer Stadt wurden im Vorfeld informiert.

Vor der Verabschiedung der Satzung durch den Gemeinderat im November 2020 habe ich nachfolgendes Statement abgegeben:

„Aber ich bin der Meinung, dass gerade die, die vom Tourismus leben, diese Abgabe nachvollziehen können. Wenn uns hier Geld fehlt, ist dies langfristig ein Schuss ins Knie: weniger Geld, weniger Angebote, weniger Attraktivität, weniger Gäste, weniger Umsatz pro Betrieb, weniger Wertschöpfung und unattraktiver Standort. Ein Teufelskreis. Mir ist wichtig zu verdeutlichen: Alle, die einen Betrag zahlen müssen, haben durch den Tourismus und die durch die KuBä gestellten Angebote einen deutlichen Mehrwert."

Zusatz: Die Kur- und Bäder GmbH mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern leistet hervorragende Arbeit- effizientes Kostenmanagement. „Und die Betriebe zahlen nur einen kleinen Teil dieses Mehrwerts."

An dieser Stelle möchte ich auch betonen, dass ein erheblicher Teil der anfallenden Kosten zur Aufrechterhaltung und Steigerung der Attraktivität unserer Stadt über den allgemeinen Haushalt, also von der Bürgerschaft in ihrer Gesamtheit getragen wird. Fast ¾ dieser Kosten werden aus den allgemeinen Steuermitteln finanziert.

Ich denke es ist in unser aller Interesse, dass wir die Angebote erhalten und qualitativ weiterentwickeln, damit Bad Dürrheim interessant bleibt und auch in den kommenden Jahren Menschen gerne hierher kommen. Nur gemeinsam können wir Bad Dürrheim attraktiv halten und um dies möglich zu machen, muss jeder einen gewissen Beitrag leisten.“

Diese Meinung teile ich heute genau so wie vor fast 2 ½ Jahren.

Der Gewerbeverein tut sich und uns als Stadt Bad Dürrheim mit dieser Petition keinen Gefallen, diese Petition schadet letztendlich allen:

Diese Petition spaltet!
In der Stadt, aber auch im Gewerbeverein. 
Es gibt sicherlich Befürworter dieser Petition, doch Kollegen hier im Saal und auch ich wurden auch von Gewerbetreibenden angesprochen, die sich bewusst von der Petition des Gewerbevereins distanzieren, letztlich die Vorgehensweise des Gewerbevereins kritisieren.

Diese Petition kommt zur Unzeit!
Zwei Jahre nach einem politisch legitimierten und intensiv öffentlich vorberatenen Beschluss des Gemeinderats. Und somit auch zu einer Zeit, in der die Verwaltung den Beschluss entsprechend umgesetzt hat.

Diese Petition ist in ihrer Zielsetzung nicht durchdacht!
Denn wer ernsthaft eine Komplettabschaffung des Fremdenverkehrsbeitrags fordert, der schadet der Entwicklung unserer Stadt und damit seinem eigenen Unternehmen. Wir reden von Einnahmen durch den Fremdenverkehrsbeitrag in Höhe von ca. 250.000 €/Jahr, die für ein attraktives Bad Dürrheim wegfallen würden. 
Und, das lassen Sie mich nachdrücklich festhalten: Einnahmen, die zu über 60 % von Unternehmen kommen, die ihren Hauptsitz nicht in Bad Dürrheim haben. Angesichts der nachweislich hohen Wertschöpfung von rund 100 Millionen Euro pro Jahr, die durch die touristischen Umsätze nach Bad Dürrheim fließen und sich dort auf die verschiedensten Wertschöpfungsstufen innerhalb des Gewerbes verteilen, kann das jährliche Gesamtaufkommen aus dem Fremdenverkehrsbeitrag in Höhe von 250.000 Euro als durchaus beachtlich verzinst und somit als sehr gut investiert dargestellt werden.

Diese Petition trübt das bislang gute Miteinander und wirft ein schlechtes Licht auf unsere Stadt!
Was in den Medien oder in der Petition zu lesen ist, wirft kein gutes Licht auf uns alle und es entsteht der Eindruck, als ob der Gemeinderat Entscheidungen trifft, ohne sie zu verstehen und die Verwaltung willkürlich handeln würde.

Diese Petition beinhaltet falsche Behauptungen:
Um diesen falschen und missverständlichen Behauptungen zu begegnen, müssten wir permanent Richtigstellungen bringen, was müßig ist. Auf drei Punkte möchte ich aber eingehen.

Rechtskosten: In der Zeitung war zu lesen, dass wir über 70.000 €/Jahr für Rechts- und Beratungskosten für die Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrages aufwenden würden. Die Kosten belaufen sich im Jahr auf durchschnittlich 15.000 €. Diese Kosten dürften zukünftig niedriger ausfallen, da die letzte Kalkulation ein Großprojekt war.

Willkür durch Verwaltung: Es kommt immer wieder der Vorwurf, dass seitens der Verwaltung willkürlich gehandelt werde. Dies ist weder aktuell, noch in der Vergangenheit der Fall gewesen. Sowohl unter Herrn Dieterle, als auch unter Herrn Berninger lief bzw. läuft alles rechtens. Und ich bin allen Mitarbeitern dankbar, dass sie sich ernsthaft mit der Materie auseinandersetzen.

Vereine: Es wurde behauptet, dass Vereine Geld für Vereinsfeste abdrücken müssten. Die Bad Dürrheimer Vereine müssen selbstverständlich keinen Fremdenverkehrsbeitrag für den Verkauf an Festen bezahlen. Es wurde auch kein Verein diesbezüglich angeschrieben. Vielmehr profitieren die Vereine durch den Verkauf bei touristischen Veranstaltungen, wie bspw. der Sommersinnfonie und machen teilweise sehr beeindruckende Umsätze.

Der Erfolg der angestrebten Petition hält sich nach unserem Dafürhalten bislang in Grenzen. 
Nach über 4 Wochen haben bisher 111 Personen die Petition online unterzeichnet. 78 davon aus Bad Dürrheim. Allerdings haben 38 Personen nicht öffentlich unterzeichnet. Gerade 40 Personen, die öffentlich dahinterstehen und davon auch noch einige, die mir persönlich im Gespräch mitgeteilt haben, dass sie über keine grundsätzlichen Informationen verfügen.

Nun gibt es eine Aufforderung der Gewerbevereinsvorsitzenden an alle Mitglieder des Vereins, dass jedes Mitglied drei Stimmen abgeben soll, um die notwendige Unterschriftenanzahl zu erreichen. Ich halte diese Aufforderung gelinde gesagt für eine Frechheit!

Ebenfalls wird dazu aufgerufen, notfalls anonym zu unterschreiben. Auch diese Aufforderung ist für mich nicht nachvollziehbar. In unserer freien Welt darf man seine Haltung frei kommunizieren und muss sich nicht in die Anonymität flüchten.

Ebenfalls wird behauptet, dass die nächste Erhöhung seitens der Stadt ansteht und dies nur mit dieser Petition verhindert werden kann. Die erforderliche Neukalkulation liegt noch nicht einmal vor und am Ende entscheidet der Gemeinderat, wie sich der Fremdenverkehrsbeitrag auf der Grundlage dieser Kalkulation angepasst werden soll.

Ich bin nur auf einige wenige Punkte dieser sehr fragwürdigen Mail eingegangen. Mit dieser Mail sollen die 340 Unterschriften erreicht werden. Doch leider bringt eine solche Mail auch Falschaussagen mit sich - und damit wieder eine Spaltung!

Kurz und knapp - die gestartete Petition macht uns alle zu Verlierern: Stadtverwaltung, Gemeinderat, Gewerbeverein und letztlich die Gesamtstadt!

Herr Geschäftsführer Spettel und ich haben dem Vorstand des Gewerbevereins am 14. Februar einen Brief geschrieben, mit der Bitte, die Petition umgehend zu stoppen, da diese in erster Linie polarisiert und zu keiner konstruktiven Lösungsfindung beiträgt.

Es zeigt sich aus all den politischen Gesprächen deutlich, dass die klare Mehrheit des Gemeinderats eine rückwirkende Änderung des Beschlusses vom November 2020 nicht treffen wird. Eine Rückmeldung auf unser Schreiben des Gewerbevereins haben wir bisher leider nicht erhalten.

Ich spreche auch im Namen von Herrn Kurgeschäftsführer Spettel sowie sicherlich auch im Namen der großen Mehrheit des Gemeinderats. Wir sollten unsere Kräfte in den nächsten Wochen und Monaten nicht durch die angestrebte Petition einengen, sondern diese Kräfte bündeln und weiter an gemeinsamen Aktionen arbeiten. 
Gerade bei der in wenigen Wochen anstehenden Gewerbeschau müssen wir uns auf unsere Gemeinsamkeiten besinnen und in bewährter Weise zusammenhalten und unsere Stadt nach Außen wirkungsvoll darstellen und repräsentieren.

Wir sollten uns – und das ist mein Bestreben - auf respektvolle, sachliche und konstruktive Gespräche im Vorfeld der Neukalkulation des Fremdenverkehrsbeitrags und der Kurtaxe für die Jahre 2024 bis 2028 verständigen. Hierzu werden wir ab September im Gemeinderat beraten. Wie bei der letzten Kalkulation werden wir auch dieses Mal mehrere Informationsveranstaltungen für alle betroffenen Unternehmen anbieten und öffentlich in den Ausschüssen vorberaten, bevor eine abschließende Entscheidung im Gemeinderat getroffen wird. Selbstverständlich können wir auch Veranstaltungen gemeinsam mit dem Gewerbeverein durchführen.

Ich würde mich freuen, wenn der Gewerbeverein gemeinsam mit uns zukunftsweisende Projekte angehen würde und wir unsere Kräfte auf eine erfolgreiche Umsetzung konzentrieren könnten.

Bad Dürrheim ist nur dann weiterhin erfolgreich, wenn wir alle zusammenstehen und miteinander für den Erfolg arbeiten!"

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Redakteur / Urheber
Stadtverwaltung Bad Dürrheim