Dürrheim darf sich weiterhin als Fair-Trade-Stadt fühlen
Bürgermeister Jonathan Berggötz freute sich zusammen mit den Mitgliedern der Steuerungsgruppe, dass bei der Rezertifizierung das 2017 an Bad Dürrheim verliehene Siegel „Fair-Trade-City“ bestätigt wurde. Und er sprach den Gästen der Feier aus dem Herzen: „Manchmal ist es schwieriger, ein solches Siegel zu halten als es neu zu erwerben“.
Der Bürgermeister regte an, dass auch die noch nicht beteiligten Bad Dürrheimer Schulen und Kindergärten sich einreihen und als Fair-Trade-Schule oder Fair-Trade-Kita auszeichnen lassen. „Ich kann mir das auch für das Jugendhaus vorstellen“, sagte Jonathan Berggötz. Bisher macht nur die Realschule mit.
Voraussetzung für das Siegel ist, dass (entsprechend der Größe Bad Dürrheims) vier Einzelhandelsgeschäfte mindestens zwei Produkte aus dem fairen Handel führen müssen, außerdem zwei Gastronomiebetriebe, eine Schule, eine Kirchengemeinde und ein Verein – auch sie müssen zwei Produkte aus fairem Handel anbieten.
Es muss sich um Produkte handeln, die beispielsweise das Fair-Trade-Emblem tragen, das Naturland-Fair-Trade-Siegel oder die Siegel der kirchlichen Handelsorganisation Gepa. In Deutschland werden rund 3000 Produkte unter diesen Siegeln gehandelt, selbst im Supermarkt oder beim Discounter findet man entsprechende Waren.
Die Bedingungen werden in Bad Dürrheim erfüllt, wobei natürlich nach oben keine Grenzen sind. Schwarzwaldverein, Schützengemeinschaft und Generationentreff machen bei den Vereinen mit, dazu zwei Kirchengemeinden, auch zwei Gastronomen (Café Walz und Kurhaus) sind dabei, neun Händler und mehrere Handwerker unterstützen die Idee.
Bürgermeister Jonathan Berggötz würdigte die Arbeit der Steuerungsgruppe mit Beate Proske an der Spitze, die Roswitha Kneer abgelöst hat und die unter dem Motto „Fair ist mehr“ erst diesen Herbst eine Veranstaltungsreihe angeboten hat, in der fairer Handel und weltweit geltende Menschenrechte verknüpft wurden.
Die Steuerungsgruppe ist offen für weitere Interessenten, die mitwirken wollen, die nächste Sitzung ist am 29. November um 19 Uhr im städtischen Jugendhaus Bohrturm. Die Steuerungsgruppe soll, wie der Bürgermeister sagte, Ideen entwickeln, was sonst noch an Aktionen möglich ist.
Bad Dürrheim hatte sich 2016 nach einem Gemeinderatsbeschluss um das Siegel Fair-Trade-City beworben und wurde dann 2017 als 487. Kommune in Baden-Württemberg aufgenommen. In ganz Deutschland sind 810 von über 11000 Kommunen Fair-Trade-Citys.
Damit trete Bad Dürrheim „für eine gerechte Welt“ ein, sagte Bürgermeister Jonathan Berggötz. Mit dem Engagement der teilnehmenden Organisationen und Betriebe sei es gelungen, in der Kurstadt ein Bewusstsein für den fairen Handel zu schaffen.
Der Bürgermeister machte darauf aufmerksam, dass es in der Hand der Verbraucher liege, wie hierzulande und in der Welt produziert wird: „Wenn ich immer das billigste Fleisch kaufe, kann ich nicht beeinflussen, welche Kriterien bei der Tierhaltung gelten“.
Was der Verbraucher hier einkaufe, beeinflusse die Lebensbedingungen der Menschen am Anfang der Lieferkette. „Mit dem Kauf fairer Produkte haben wir eine Garantie für Nachhaltigkeit“, sagte Berggötz. So spiele bei der städtischen Tochtergesellschaft die Nachhaltigkeit – etwa bei der Bewirtschaftung – eine große Rolle.
Beate Proske, die Sprecherin der Steuerungsgruppe Fair-Trade-Stadt ist nicht umsonst auch die Nachhaltigkeitsbeauftragte der Kur- und Bäder GmbH.
„Wir stehen immer wieder am Anfang“, sagte Roswitha Kneer vom Eine-Welt-Laden Karibuni. Da es auch in Deutschland Menschen in Not gebe, biete der Projektladen im Kurpark nicht nur Waren aus Asien, Afrika und Südamerika an, sondern unterstütze auch lokale Projekte wie die AWO oder das Nudelhaus Trossingen. „Jeder Mensch auf der Welt hat es verdient, respektvoll und würdevoll leben zu können – da haben wir noch einen Nachholbedarf“, so die engagierte Eine-Welt-Aktivistin, die seit einiger Zeit eine Nachfolgerin in der Leitung des Karibuni-Projektes sucht.
Dass man auch in Bad Dürrheim die Welt mit retten kann, formulierte Roswitha Kneer so: „Wenn viele kleine Leute an vielen Orten viele kleine Dinge tun, können sie das Gesicht der Welt verändern“. Der faire Gedanke müsse im Herzen verankert sein, so könne man etwas verändern.
Bürgermeister Jonathan Berggötz richtete ein großes Kompliment an das Eine-Welt-Laden-Projekt mit seinen vielen ehrenamtlich Engagierten. Roswitha Kneer erzählte dazu eine Geschichte: Wenn die Kurgärtner die Winterbepflanzung vorbereiten, reißen sie nicht nur Blumen aus der Erde, sondern auch Gemüse wie Mangold und Kohl, die im Kurpark wachsen und blühen.
Vor dem letzten Großeingriff der Gärtner bat sie darum, man möge doch das Gemüse nicht auf den Biomüll werfen, sondern im Karibuni-Laden abgeben. So geschah es und der Eine-Welt-Laden stellte Kisten auf, um das Gemüse zu verschenken, was auch gerne angenommen wurde. 2019 wurden Blumen auf Kneers Initiative gerettet und von Kindergartenkindern in die Altenheime gebracht und verschenkt.
Dass fair gehandelte Produkte nicht teuer sein müssen, beweise der Eine-Welt-Laden täglich, sagte Roswitha Kneer der NECKARQUELLE. Beispiel der handgepflückte Gourmetpfeffer aus Kambodscha. Der koste zwar mehr als handelsüblicher Pfeffer, „aber man braucht nur minimal von ihm zum Würzen“, so Roswitha Kneer.
Bei Gewürzen könne man preislich mit Supermärkten mithalten, und dass, obwohl die Produkte in der Regel Bioqualität haben. Auch Tee und Schokolade seien nicht teuer. Bei Kleidung liege man bis zu 100 Euro pro Stück unter den Preisen in einschlägigen Naturversandhäusern, etwa bei Bio-Kleidung und Alpaka-Produkten oder Produkten aus Seide und Accessoires wie Handtaschen aus Moskitonetzen.