Stadtnachrichten

Qualitätsvolle Innenentwicklung konsequent fördern


Fachbereichsleiter Markus Stein von der Stadtverwaltung Bad Dürrheim und der Oberbaldinger Ortsvorsteher Pascal Wölfle begrüßten am 22. Juni 2022 die Mitglieder zur zweiten Sitzung des Forums Innenentwicklung, diesmal im Sitzungssaal im ehemaligen Rathaus in Oberbaldingen.

Forum Innenentwicklung

Das Forum Innenentwicklung wurde vom Gemeinderat als begleitendes Gremium etabliert. Die Beratungsergebnisse des Forums zu Projekten der Innenentwicklung dienen als Empfehlungsvorlagen für Beschlussfassungen in den Ortschaftsräten und dem Gemeinderat. Vertreterinnen und Vertreter aus allen Stadtteilen wirken im Forum mit und bringen ihren Sachverstand ein.

Bei der zweiten Sitzung stand eine umfangreiche Tagesordnung auf dem Programm.

Zunächst berichtete Michael Weber vom Institut für Stadt- und Regionalentwicklung (IfSR) über den Stand der Erhebung verschiedener Innenentwicklungspotenziale. Es ist großes Potenzial an innerörtlichen Flächen für Wohnzwecke vorhanden: Rund 100 Wohngebäude ohne Einwohner-meldung, davon 20 in der Kernstadt. Bei diesen Leerständen handelt es sich auch um zahlreiche Althofstellen mit größeren Grundstücken, für die eine umfassende Betrachtung inklusive der jeweiligen Umgebung relevant ist. Zusätzlich sind ca. 120 erschlossene Grundstücke bislang unbebaut, 40 dieser Baulücken liegen in der Kernstadt. Ermittelt wurden auch zahlreiche sogenannte Hinterliegergrundstücke, die nicht direkt an einer Straße liegen, deren Erschließung ungeklärt ist. Darüber hinaus gibt es größere unbebaute Grundstücke im Innenbereich, für die ebenfalls eine umfassende Betrachtung erforderlich ist. Die Eigentümerinnen und Eigentümer der jeweiligen Grundstücke und Gebäude werden nach der Sommerpause persönlich angesprochen oder von der Stadtverwaltung angeschrieben und Beratungen zu Bau- und Nutzungsmöglichkeiten sowie zu Fördermitteln angeboten.

Ein Entwurf zu Leitlinien zur qualitätsvollen Innenentwicklung wurde ebenfalls vom Büro IfSR vorgestellt. Die Leitlinien sollen Grundlage für konzeptionelle Arbeiten, Einzelfallentscheidungen und Beratungen sein sowie Richtschnur für informelle Konzepte, formelle Planungen wie Bebauungs-planverfahren. Bei der Vorauswahl für die Stellungnahmen der Stadtverwaltung zu Förderanträgen Privater im Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR) sollen die Leitlinien ebenfalls Anwendung finden.

Wesentliche Themen der Leitlinien sind Ortsbild/Dichte/städtebauliche Qualität, Freiräume/Grün/Stadtklima, Energie, Wohnen und Soziales, Verkehr und Mobilität sowie Innovation.

Hinweise der Teilnehmenden des Forums Innenentwicklung zum Entwurf der Leitlinien waren (zusammengefasst):

  • Bei der Anwendung der Leitlinien seien die spezifischen Gegebenheiten der einzelnen Stadtteile zu berücksichtigen.
  • Die Motivation und die Kommunikation mit den Eigentümerinnen und Eigentümern von Grundstücken und Gebäuden spiele eine wesentliche Rolle für die Mitwirkungsbereitschaft.
  • Die Leitlinien alleine seien ein stumpfes Schwert, auch ein konsequentes Einsetzen des planungsrechtlichen Instrumentariums durch die Stadt sei ggf. in bestimmten Fällen erforderlich.
  • Begleitende städtische Ortsbildsatzungen wurden allgemein als nicht zielführend beurteilt.

Verwaltung und Beratungsbüros legten dar, dass die begleitenden Instrumente das gesamte Spektrum des Förderns und Fordern umfassen, wie bspw. Beratung, Förderung, Aufstellung von Bebauungsplänen, Zurückstellung von Baugesuchen, Veränderungssperren oder städtebauliche Verträge.

Der Entwurf der Leitlinien wird nun finalisiert und bei der nächsten Sitzung weiter beraten.

Zum Thema Nachsteuern von Planungsrecht informierten Henner Lamm von Kommunalplan und Alfred Ruther-Mehlis vom IfSR über die Intention der Arbeiten und den Arbeitsstand. Henner Lamm stellte dazu das Beispiel des Bebauungsplanverfahrens „Löchle I“ vor. Um Fehlentwicklungen zu vermeiden, wurde für diesen Bereich ein Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan gefasst und eine Veränderungssperre erlassen. Aktuell wird die frühzeitige Beteiligung durchgeführt. Alfred Ruther-Mehlis führte aus, dass eine Schnellprüfung weiterer Bebauungspläne angegangen wird. Am Beispiel des Bebauungsplans Bauschengasse Hegi in der Kernstadt wurde aufgezeigt, wo Klärungsbedarfe vorliegen können. Geprüft werden unter anderem die Festsetzungen in Bebauungsplänen zur Zahl an Wohneinheiten je Objekt, Parkierung, Zahl der Vollgeschosse, Bauweise und Art der Nutzung.

Dort, wo kein Bebauungsplan gilt, im sogenannten unbeplanten Innenbereich, gilt das Einfügungs-gebot gem. §34 Baugesetzbuch. Vom Erfordernis des Einfügens kann vom Bauherren gemäß Baugesetzbuch in bestimmten Fällen abgewichen werden. Die Vorschriften des Baugesetzbuchs hierzu wurden mit der letzten Novelle gelockert. Darüber hinaus sind große landwirtschaftliche Gebäude häufig maßstabsbildend.

Der eingeschlagene Weg zur Nachsteuerung durch Planungsrecht zur behutsamen Nachverdichtung im Innenbereich soll weiterverfolgt werden.

Durch Förderprogramme der öffentlichen Hand werden Anreize zur qualitätsvollen Innenentwicklung gesetzt. Der Planer Rüdiger Stehle informierte über die Fördermöglichkeiten des Entwicklungsprogramms Ländlicher Raum (ELR) und über daraus bereits geförderte Projekte in Bad Dürrheim. In den letzten 6 Jahren flossen über 2,5 Mio. Euro an ELR-Mitteln nach Bad Dürrheim. Informationen zur aktuellen Ausschreibung finden Sie  hier

Eine Reihe von Städten und Gemeinden in Baden-Württemberg haben eigene kommunale Förderprogramme zur Innenentwicklung eingeführt. Über die Fördertatbestände, Förderkulissen, Förderhöhen und Zielgruppen wurde in der Sitzung informiert. Die Stadtverwaltung Bad Dürrheim denkt darüber nach in Fällen, in denen das ELR und andere Förderprogramme nicht greifen mit einem eigenen Förderprogramm Eigentümerinnen und Eigentümer bei Projekten der Innenentwicklung zu unterstützen. Dabei könnten z.B. Beratungen, Abbruch/Baureifmachung nicht erhaltungswerter, ehemaliger landwirtschaftlicher Gebäude oder umfassende Wohnungsmodernisierung in alten Gebäuden sowie Umnutzung ehemaliger landwirtschaftlicher Gebäude gefördert werden. Die Leitlinien zur qualitätsvollen Innenentwicklung müssten dabei erfüllt werden. Ein Rechtsanspruch auf Förderung soll jedoch nicht bestehen und eine Beratung im Gemeinderat erfolgt erst noch.

Hinweise der Teilnehmenden (zusammengefasst):

  • Anreize zur Vermietung von bestehendem Wohnraum sollten im Vordergrund stehen.
  • Anreize zur Modernisierung von Wohnraum und zur Umwandlung von ungenutzten Ökonomieteilen in Wohnraum sollten ebenfalls im Fokus stehen. Ggf. in Abhängigkeit vom Baualter des Gebäudes.
  • Die Förderung solle auch gewerbliche Nutzungen umfassen.
  • Die Eigennutzung solle im Vordergrund stehen.
  • Das Baualter bzw. der Zeitpunkt der letzten Sanierungen sollten berücksichtigt werden.
  • Senioren und Familien sollen besonders adressiert werden.
  • Eine soziale Komponente wird als wichtig erachtet (bspw. Einkommensgrenzen).

Diese Hinweise werden aufgegriffen und für die nächste Sitzung des Forums Innenentwicklung aufbereitet. Diese findet am Mittwoch, den 21.09.2022 in der alten Schule in Biesingen statt. Die Einwohnerschaft Bad Dürrheims wird hierzu noch separat eingeladen.

Unterlagen aus dem öffentlichen Teil der Sitzung finden sich hier auf der Homepage.

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Redakteur / Urheber
Stadtverwaltung Bad Dürrheim