Stellungnahme des Landratsamts zur Geldanlage bei der Greensill Bank
Folgende vier Punkte wurden in der Stellungnahme behandelt:
1. Notwendigkeit einer Anlagenrichtlinie
Da keine Anlagen in Investmentfonds getätigt wurden (§ 22 Abs. 3 S. 3 GemHVO), bestand keine Verpflichtung zum Erlass einer städtischen Anlagenrichtlinie.
Die am 24.06.2021 zwischenzeitlich vom Gemeinderat beschlossene Anlagenrichtlinie mit der Konkretisierung und Verschärfung der bisherigen Vorgaben wird seitens der Aufsichtsbehörde jedoch begrüßt.
2. Bewertung des Ratingmerkmals BBB+ und der Sicherheitsanforderungen
Das Rating einer Bank ist ein Kriterium, welches gemeinsam mit anderen Kriterien genügen kann, um die Vorgaben einer ausreichenden Sicherheit im Sinne des § 91 Abs. 2 S. 2 GemO erfüllen zu können.
Strittig beurteilt wird, ob das Merkmal BBB+ grundsätzlich ausreichend sein kann. Es zählt bei den bedeutendsten Ratingagenturen jedoch mindestens noch zur Rubrik „Investment Grade" (anlagenwürdig). Der Bundesverband freier Berater e.V. sieht die Zwischenstufen BBB+ und A- im Übergangsbereich von „ausgezeichneten" zu „sehr guten" Ratingnoten.
Vor diesem Hintergrund, verbunden mit der Vorgabe anderer Anlagekriterien in der Dienstanweisung-Kasse und weiterer, in der Praxis umgesetzter, zusätzlicher Maßnahmen hätte die Stadt aus Sicht der Kommunalaufsicht bis auf eine weitere Vorgabe in der Dienstanweisung (DA-Kasse) (s. nachfolgend Ziffer 3) den rechtlichen Vorgaben in zulässiger Weise Rechnung getragen.
Dem Kassenverwalter ist jedoch, mit dem Maßstab eines objektiv Handelnden gesehen, der Verstoß gegen § 6 Abs. 1 der DA-Kasse anzulasten, dass sie die bekanntgewordene Diskrepanz aus den Angeboten zweier Finanzdienstleister (BBB+/A-) nicht näher hinterfragt und sich auf eine offenbar allgemein gehaltene Auskunft verlassen hat.
3. DA-Kasse Vorgabe: „Anlage nur bei Banken, die dem „Sicherungsfonds" angehören" anzulegen
Nach den seit dem 23.07.1996 geltenden Vorschriften der Dienstanweisung hätten Anlagen nur bei Banken erfolgen dürfen, die dem „Sicherungsfonds" angehören.
Zum 01.10.2017 entfiel nach Ausschluss aus den gesetzlichen Sicherungssystemen 2015 auch der Schutz des freiwilligen Einlagesicherungsfonds der Bankengemeinschaft für kommunale Geldanlagen. Damit verblieben für DA-konforme Geldanlagen nur noch Anlagen unter dem Schutz der institutionellen Sicherungssysteme der öffentlich-rechtlichen und genossenschaftlichen Banken.
Zweck dieser konkreten DA Vorgabe „Sicherungsfonds" war offenbar ein Maß an Sicherheit für die kommunalen Geldanlagen zu erreichen, wie es nur mit dem Einlagesicherungssystem ermöglicht wurde. Im Rahmen der Auslegung hätte daher die DA-Regelung neu bewertet und wären dann ohne DA-Änderung Anlagen nur noch bei institutionell gesicherten Anlageinstituten möglich gewesen. Eine Bewertung der betroffenen Regelung der DA ist damals bis heute nicht erfolgt. Nicht zu belegen war, ob der Kassenverwalter bzw. der (damalige) Fachbeamte den (damaligen) Bürgermeister auf eine notwendige Überprüfung und ggf. Überarbeitung hingewiesen hatten. So ist dieses Versäumnis des Kassenverwalters und in gewissem Maße auch dem (damaligen) Fachbeamten anzulasten.
Eine Aktualisierung der DA-Kasse ist in Erarbeitung und wird im März abgeschlossen.
4. Für die Geldanlagen verantwortliche Personen
Verantwortlich für die Entscheidung und Verwaltung der Geldanlagen ist die Stadtkasse bzw. der Kassenverwalter. Der unmittelbare Vorgesetzte des Kassenverwalters ist der Fachbeamte für das Finanzwesen.
Dem Bürgermeister wäre es grundsätzlich nicht verwehrt, sich selbst zusätzlich in die Anlageentscheidung einzubinden. Eine verpflichtende Notwendigkeit lässt sich aber auch nicht aus § 44 Abs. 1 GemO ableiten. Soweit wie hier das operative Tagesgeschäft betroffen ist, obliegt ihm nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auch keine Beaufsichtigungspflicht, es sei denn, die Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls würde dies verlangen. Dazu ergaben sich keine Anhaltspunkte.
Nach alledem lassen sich gewisse Versäumnisse in der Verwaltung nicht ausräumen.
Dem Bürgermeister als Dienstvorgesetztem obliegt es zu prüfen, ob die Versäumnisse ggf. weitere Konsequenzen nach sich ziehen. Der Bürgermeister hat diese Prüfung vorgenommen und den betroffenen Mitarbeitern gegenüber personalrechtlich reagiert.
Die Stadtverwaltung hatte im Januar 2021 zwei Millionen Euro bei der Greensill-Bank als Festgeld für zwei Jahre angelegt. Greensill hat im März 2021 Insolvenz angemeldet, seitdem ist unklar, ob Bad Dürrheim die angelegte Summe in Gänze oder zumindest teilweise aus der Insolvenzmasse zurückerhält.