Stadtnachrichten

Zusammenschluss heißt nicht, Eigenständigkeit aufzugeben; vor genau 50 Jahren erfolgte die Eingemeindung von drei Ostbaargemeinden


Verschieden Unterlagen Eingemeindung

Die Eingemeindung geschah im Zuge der in Baden-Württemberg durchgeführten Verwaltungs- und Gemeindereform. Deren Ziel war es, größere Gemeinden zu bilden, die leistungs- und lebensfähiger sein sollten als die vielen kleinen selbstständigen Gemeinden. Gleichzeitig sollten die Kreisgrenzen neu gezogen werden. Viele Gemeinden standen der Preisgabe ihrer politischen Eigenständigkeit im Zuge der Gemeindereform skeptisch gegenüber. Der Stolz auf die eigene, jahrhundertelang währende Selbstständigkeit war groß. Dem gegenüber standen jedoch große Herausforderungen an die Kommunen hinsichtlich der Investitionen, den die kleineren Verwaltungseinheiten kaum noch aus eigenen Mitteln bewältigen konnten. Zudem lockte der Staat mit finanziellen Zuschüssen, sogenannte Fusionsprämien.

Bevor beschlossen wurde, aus den eigenständigen Gemeinden eine zu machen, gab es in den Ostbaargemeinden am 21. März 1971 eine Bürgerbefragung. Denn Eingemeindung, das bedeutete früher vor allem eines – weniger Selbstständigkeit und so wurde vor der Bürgerbefragung monatelang in den Gemeinderäten, bei Bürgerversammlungen, am Stammtisch oder den Vereinen erörtert, ob dieser Schritt der richtige ist. Das Ergebnis der Befragung mag überraschend wirken. Trotz der teilweisen Vorbehalte, die sich auf der Ostbaar gegen die Eingliederung zu Bad Dürrheim hegten, stimmte eine Mehrheit dafür. So ergab ich ein eindeutiges Votum: Biesingen stimmte mit 93,1 % der Eingemeindung zu, die Oberbaldinger mit 91,5 % und Öfingen mit 87,4 %.

Aufgrund dieser klaren Bürgerentscheidungen arbeiteten dann die Gemeinderäte als Grundlage für die Schaffung der neuen Gemeinde eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung aus. Darin wurde festgelegt, welche Investitionen unter Verwendung der zu erwartenden Fusionsprämien in den einzelnen Ortschaften durchzuführen sind. Ferner vereinbarte man, dass die Sitze in dem neu zu währenden Gemeinderat jeweils unter Berücksichtigung der Einwohnerzahlen aufgeteilt werden sollte. Somit wurden die drei Ostbaar-Gemeinden durch vertragliche Vereinbarungen im Wege der Ortschaftsverfassung zum 1. September 1971 eingegliedert.

Bürgermeister Jonathan Berggötz zieht nach 50 Jahren der Eingemeindungen eine positive Bilanz. „Bad Dürrheim ist wie ein schönes, großes Gebäude. Es besteht aus sieben unterschiedlich großen Appartements, die die Kernstadt und die Ortsteile darstellen. Unter dem gemeinsamen Dach wohnen, leben, lachen, lernen und arbeiten wir alle miteinander. Ich freue mich, dass wir seit der Eingemeindung alle eng zusammengewachsen sind. Gemeinsam sind wir stark und haben als Gesamtstadt Bad Dürrheim viel zu bieten“, so das Stadtoberhaupt.

Aus der Ortschronik von Öfingen ist folgendes zu entnehmen: „Im Vorwort der Vereinbarung ist festgehalten, dass die Verhandlungen auf Initiative Öfingens angesichts der gemeinschaftlichen Verpflichtung, dass Wohl der Bürger in der Raumschaft Ostbaar zu fördern, stattgefunden hätten. Im Hinblick auf das öffentliche Wohl, die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Raumschaft Ostbaar, der bereits bestehenden Verflechtungen im Vereins- und Kulturleben, zur Verbesserung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben und im Bewusstsein, dass die Sicherung der Zukunft der dem Gemeinderat anvertrauten Gemeinde und deren Bürger eine neue Einstellung zur Umwelt erforderlich machen, haben die Verhandlungen zwischen beiden Gemeinden zum Ergebnis der Vereinbarung geführt, ist festzuhalten. Die Gemeinde Öfingen wird mit der Bezeichnung Bad Dürrheim Ortsteil Öfingen in die Gemeinde Bad Dürrheim eingegliedert.“

Auch die drei Ortsvorsteher der Ostbaargemeinden finden den damaligen Zusammenschluss richtig und wichtig. „Das goldene Jubiläum zum Tage der Eingemeindung des eigenständigen Dorfs Öfingen mit Bad Dürrheim ist ein besonderer Merktag in diesem Jahr. Zum 01. September 1971 endete die politische Eigenständigkeit und Öfingen hat sich damals bewusst mit Bad Dürrheim verbunden. Es war die richtige Entscheidung und Ziel war von Anfang an, das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Damals wurde nicht nur für die eigene Generation entschieden, sondern ganz entscheidend für die zukünftigen Generationen. Wir sind zusammengewachsen und der Charme des dörflichen Charakters verleiht ein positives Lebensgefühl.“, so Astrid Schweizer-Engesser, Ortsvorsteherin des höchstgelegenen Stadtteils Öfingen.

Astrid Schweizer-Engesser und Jonathan Berggötz

Widerstand vor dem Zusammenschluss regte sich auch im kleinsten Stadtteil Biesingen. „Wir sind nicht bereit, Selbstverwaltung und Selbstbestimmung aufzugeben“, hieß es im Biesinger Gemeinderat im Februar 1971. Dennoch entschieden sich auch die Biesinger Bürger mit deutlicher Mehrheit trotz anfänglicher Bedenken und Vorbehalte für die Eingemeindung. Ein neues Baugebiet und der Bau der Umgehungsstraße waren unter anderem positive Ergebnisse des Zusammenschlusses. Armin Wehrle, Ortsvorsteher von Biesingen, ist überzeugt, dass dies damals die richtige Entscheidung war. So können die Ortschaftsräte, mit Unterstützung der Stadt Bad Dürrheim, lokale und örtliche Ziele für ihre Gemeinde weiterhin verwirklichen. „Die Bewahrung der Eigenständigkeit der einzelnen Ortsteile zeigt sich auch in dem guten Miteinander, das die Ortschaften und Ortsvorsteher pflegen. Der Austausch untereinander stärkt das Gemeinschaftsgefühl, davon profitiert jeder Ortsteil, die Ostbaargemeinden und die Gesamtstadt. Auch der Zusammenschluss von Vereinen, als Beispiel die Fußball-Jugendmannschaft der SG Ostbaar, ist ein Zugewinn für die Bürgerinnen und Bürger. So sind die damaligen Bedenkenträger eines Besseren belehrt worden. Nehmen wir das 50jährige Jubiläum der Eingemeindung als Anlass, gemeinsam die Zukunft zu gestalten, ohne dabei unsere Eigenständigkeit zu verlieren“, so Armin Wehrle.

Armin Wehrle und Jonathan Berggötz

Eine einstimmige und klare Sache war die Eingemeindung von Oberbaldingen, nachdem die Gemeinde Geisingen mehrfach versuchte, Ober- und Unterbaldingen der Raumschaft Geisingen zuzuordnen. In einem Protokoll kann folgendes nachgelesen werden: „Da von höherer Stelle (Versammlung Geisingen) versucht wird, die beiden Gemeinden Ober- und Unterbaldingen in die Raumschaft Geisingen zu bringen, sah sich der Gemeinderat veranlasst, jetzt schon einen Beschluss herbeizuführen. Die geheime Wahl ergab 9 Stimmen (alle Anwesenden mit Bürgermeister) für den Zusammenschluss mit Bad Dürrheim.“

Der erst kürzlich gewählte Oberbaldinger Ortsvorsteher Pascal Wölfe ist froh über den Zusammenschluss: „Ich persönlich halte den Zusammenschluss mit Bad Dürrheim für die richtige Entscheidung, von der Oberbaldingen die letzten Jahre sehr profitiert hat. Einen Schulstandort auf der Ostbaar z.B., hätte es beim Zusammenschluss mit Geisingen wahrscheinlich nicht mehr gegeben. In meiner noch kurzen Dienstzeit bin ich über die hohe Wertschätzung und Unterstützung durch die Stadtverwaltung den Bürgermeister und die Gemeinderäte sehr positiv überrascht. Auch die schon fast freundschaftliche, kollegiale Zusammenarbeit und der rege Austausch mit den anderen Ortsvorstehern, dem Bürgermeister und unserer Ortsvorsteherin, kann ich ebenfalls nur als ein sehr gutes Miteinander beschreiben. Ich freue mich schon darauf, einen Teil der nächsten 50 Jahre mitgestalten zu dürfen.“

Pascal Wölfle und Jonathan Berggötz

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Redakteur / Urheber
Stadtverwaltung Bad Dürrheim